Nachklapp zu einer Podiumsdiskussion
Die einschlägigen Veranstaltungen jagen einander, aber wir möchten doch noch kurz auf die von BUND und BISS veranstaltete Podiumsdiskussion im Suicide Circus am vergangenen Montag (14.9.) eingehen, insofern sie auch für unser vorrangiges Thema was abwarf:
Die Positionierung der BundestagskandidatInnen für den Wahlkreis 84 (F’hain-Xberg und Ost-Prenzlauer Berg) verlief weitgehend erwartungsgemäß, wenn auch das Ausmaß, in dem Vera Lengsfeld − diesmal ohne Dekollté, dafür mit hörbar angeödetem Hund − den Namen des Veranstaltungsort politisch wörtlich nahm, indem sich die einstige DDR-Grüne nun als Leugnerin des anthropogenen Klimawandels outete und sich für einen Abbruch des Kyoto-Prozesses aussprach, dann doch alle überraschte.
3 : 2 gegen A 100
Björn Böhning (SPD), Halina Wawzyniak (Linke) und Christian Ströbele (Grüne) sprachen sich dezidiert gegen den Weiterbau der A 100 aus, also gegen den Abschnitt 16 von Anschlussstelle Grenzallee bis Treptower Park, während Frau Lengsfeld und Markus Löning (FDP) den doch schon in den 20er Jahren geplanten inneren Autobahnring unbedingt schließen wollen und (ganz zurecht!) darauf verwiesen, dass doch ein rot-grüner Senat den Bau dieses teuersten Autobahnstücks Deutschlands 2004 beschlossen habe (obwohl ihm, warf hier Ströbele ein, freigestanden hätte, die Gelder auch ins Schienennetz zu investieren*), so dass Rot wie Grün nun also reichlich spät davon abrücken würden. Andererseits habe Frau Junge-Reyer doch im Gegensatz zum Vorgehen im vergangenen Jahrhundert die ökologischen und Belastungsbelange unterschiedlicher Wohnquartiere so was von sorgfältig abgewogen, und selbstredend müsse nach dem Abschnitt 16 der 17er kommen, dafür das Ostkreuz untertunnelt werden, um dann endlich den Schwerlastverkehr daran zu hindern, sich über die Torstraße in den Ostteil der Stadt zu ergießen (Lengsfeld) usw.
Die VertreterInnen von SPD, Linke, Grünen und der BISS wiesen ihrerseits darauf hin, dass es zum Bau des Abschnitt 17 oder gar zum Schließen des Rings niemals und durch den Abschnitt 16 folglich nur zum Verlagern und Vergrößern der Autoverkehrsbelastung für Neukölln (Sonnenallee), Treptow, Friedrichshain und Kreuzberg kommen werde.
Da jedoch sowohl im Senat wie auch im Bundestag feste Mehrheiten für den Weiterbau der A 100 bestünden, sieht vor allem Christian Ströbele nur die Möglichkeit, wenn denn − nach einigen Modifizierungen im Gefolge der zahlreichen Einwendungen − der Planfeststellungsbeschluss komme, über die öffentliche Mobilisierung, die schon Dank des Engagements vor allem der BISS schon einen hervorragenden Grad erreicht habe, und letztlich etwa via Volksentscheid das in höchstem Maße anachronistische und schädliche Projekt zu verhindern.
Berlin zur Hauptstadt des Fahrrads machen!
Alle KandidatInnen sprachen sich indessen für die Förderung des ÖPNV [auf die Stellungnahmen zu S-Bahn-Chaos und Bahnprivatisierung einzugehen, fehlt hier der Raum] und unisono vor allem des Radverkehrs aus, um Berlin zur Hauptstadt des Fahrrads zu machen. − Böhnings Hinweis auf die Notwendigkeit, stadtplanerisch auf den Klimawandel, der sommers ganz besonders unsere Region aufheizen werde, mit Schaffung von fußläufig erreichbaren Erholungs-, Abkühlungs- und Kälteräumen zu antworten, vor allem auch mit einer entsprechenden Gestaltung des Tempelhofer Felds, gab auch uns Gelegenheit, die KandidatInnen danach zu befragen, was sie im Bundestag für ein stadtökologisches Modellprojekt LWK-Sanierung zu tun gedächten.
Lobby für eine ökologische Sanierung und Qualifizierung des LWK?
Im Versuch, die eingefahrene Choreographie solcher Veranstaltungen − ausgiebiges Palaver auf der Bühne, zum Abschluss paar kurze Fragen aus dem Publikum − zu durchbrechen, verwiesen wir sozusagen als Anmoderation auf einen Artikel in der Springerpresse vom Tage über georadiologische Untersuchungen von Kanalböschungen und Wurzelwerk, welche ja nun schon ein Weilchen zurückliegen, an dem uns aber besonders die Überschrift „Kein Bäumefällen für Ufersanierung mehr nötig“ frappierte (da hat sich offenbar jemand vom <abbr title=“Wasser- und Schifffahrtsamt“>WSA</abbr> weit aus dem Fenster gelehnt! Wir hören die Botschaft wohl, allein…) sowie auf eine aktuelle Pressemitteilung des BMVBS übers Pilotprojekt „Zugwiesen“, einem Projekt im Rahmen des Modellvorhabens „Grünzug Neckartal“, wo sich „der Bund […] mit drei Millionen Euro für die Instandsetzung der Böschungen und Ufer [beteiligt]. Dadurch kann die geplante ökologische Flachwasserzone um rund 7000 Quadratmeter erweitert werden. Insgesamt investiert der Bund in den nächsten 10 Jahren 150 Millionen Euro für Maßnahmen der naturnahen Instandsetzung abgängiger Uferbefestigungen entlang des Neckars“, um zu demonstrieren: Dort geht so was also !
Und was eine emissionsfreie innerstädtische Mobilität angeht, so ist der elf Kilometer lange LWK durch Schaffung eines durchgängigen uferbegleitenden Radwanderwegs zu Lande, die Förderung solaren Antriebs zu Wasser als im Doppelsinn grüne Magistrale ja geradezu prädestiniert!
Gute Nachricht zur Frage der Finanzierung
Björn Böhning, derzeit Leiter des Grundsatz- und Planungsreferats in der Senatskanzlei und Wowi-Berater, wiederholte seine uns gegenüber schon vor einigen Tagen gemachte Zusicherung, sich sowohl bei Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer als auch, sofern in den Bundestag und dort am liebsten in den Stadtplanungssausschuss gewählt, dafür stark zu machen, dass dieses, die BürgervertreterInnen zermürbende Hin- und Hergeschiebe der Verantworlich- und Zuständigkeiten zwischen Bund, Land und Bezirken endlich ein Ende habe und sich jemand für die Initiierung der Gesamtplanung eines solchen Modellprojekts, sprich: für einen Masterplan LWK den Hut aufsetze!
Christian Ströbele berichtete von seinen zahlreichen mündlichen und schriftlichen Vorstößen gegenüber dem Minister bzw. dem zuständigen Staatssekretär in dieser Richtung, zuletzt im Zusammenhang mit dem Konjunkturpakat II, und überraschte mit der Auskunft, dass ihm schriftlich gegeben worden sei: „Die Finanzierung einer ökologischen − nicht nur einer einfachen − Sanierung des LWK ist gesichert!“
Markus Löning freute sich über die nach seiner Meinung treffende Beschreibung des Förderalismus-Wirrwarrs, die wir geliefert hätten, und sah auch, was die Verankerung und Handhabung von Bürgerbeteiligung angehe, erheblichen Nachhol- und Weiterbildungsbedarf der Verwaltung, während Halina Wawzyniak mit ihrer Erklärung, aus unseren Ausführungen sei ihr nicht klar geworden, wer denn nun eigentlich zuständig sei, offenbar deren Pointe verpasst hatte. − Und Frau Lengsfeld keilte gegen die Parteien, die Bürgerbeteiligung wie eine Monstranz vor sich her trügen, doch dann in praxi gern unangekündigt Bäume fällen ließen, hatte darüber hinaus von der Problematik LWK-Sanierung aber offenkundig noch wenig vernommen.
*Hier ist freilich festzuhalten, dass die Mittel aus dem Bundesverkehrswegeplan auch dafür hätten beantragt werden müssen, was aber nicht geschah; ein nachträgliches Umwidmen jeoch ist ausgeschlossen.