BürgerInneninititative Bäume für Kreuzberg
Ausstieg aus einer Farce von BürgerInnenbeteiligung
BI Bäume für Kreuzberg verlässt unter Protest Vorbereitungsprozess wovon auch immer
Inzwischen ist klar: Selbstverständlich hatte das amtliche Herumgeeiere Methode! Nur zufällig und auf Umwegen erreichte uns die Einladung des Bezirksamts zur „Planungswerkstatt“ am 20. September*. Weder die Begriffe „BürgerInnenversammlung“ noch „Leitbild-Debatte“ werden darin noch erwähnt. Beides vorzubereiten und damit das vom Bezirk Versäumte nachzuholen, lautete jedoch der Arbeitsauftrag der auf der ersten BürgerInnenversammlung zur Sanierung des Grünzugs entlang des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals (ELK) am 21.4.08 ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe, die heute (26.8.) übrigens zum fünften Mal tagte, und zwar ohne die BI: Nachdem dieser AG aus sehr unterschiedlichen Gründen schon eine ganze Reihe von ProtagonistInnen abhanden kam, haben nunmehr auch die Bäume für Kreuzberg via Pressemitteilung [PDF, 90 KB] offiziell ihren Ausstieg aus dieser Farce von BürgerInnenbeteiligung erklärt. (Gut möglich, dass der Bürgerverein Luisenstadt jetzt wiederkehrt.)
Eine denkmalgerechte Rekonstruktion der 1920er-Jahre-Gestaltung des Luisenstädtischen Grünzugs mit Begradigung und Tieferlegung des Mittelwegs um 1,60 Meter, Ausgrabung/Neuanlage historischer Treppen, rechtwinklig-symmetrischer Mauern, Banknischen etc. und all dies auf Kosten fast des gesamten Baum- und Strauchbestands stößt nach wie vor auf die breite Ablehnung der Bevölkerung, beileibe nicht nur der KreuzbergerInnen, sondern bspw. auch der BürgerInnen aus Mitte. Wir wissen dies aus unzähligen Gesprächen, insbesondere anlässlich unseres wöchentlichen Infostands am Oranienplatz (womit wir, nebenbei bemerkt, wenigstens ein Stück weit auch Bürgermeister Schulzens Verlangen nachkommen, breite Bevölkerungskreise wie MigrantInnen und SeniorInnen in den Diskussionsprozess mit einzubeziehen). Bereits rund 700 Personen, darunter mehr als ein Drittel mit Migrationshintergrund, haben ihre Ablehnung jedweder auf Kosten des Bestands gehenden Planung mit ihrer Unterschrift bekräftigt!
Und die Verwaltung weiß natürlich um diese Ablehnung und fürchtet verständlicherweise eine erneute öffentliche Blamage. Nun dürfen also in einer ohne Absprache anberaumten „Planungswerkstatt“ BürgerInnenwünsche geäußert werden, damit sie das Amt nach Möglichkeit berücksichtige. Mit keinem Wort aber wird erwähnt, dass die Mittel aus dem Senatsförderprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ dann und nur dann fließen, wenn die vom Bezirk eingereichte neue Planung, gemessen an der keineswegs ad acta gelegten vorherigen, für gleichermaßen „denkmalgerecht“ befunden wird. Und der Befinder heißt nun mal Klaus Lingenauber von der Gartendenkmalpflege, der ohne Freilegung der „faszinierenden“ Barthschen Kalksteintreppen, ohne Restaurierung der Lennéschen Kanalmauern, ohne Tieferlegung und der damit zwangsläufig verbundenen weitgehenden Rodung des Vegetationsbestands seine Befürwortung schlichtweg verweigern wird.
Selbstredend will aber der Bezirk das Geld (allein für die sog. Nordpromendade von Waldemarbrücke bis Oranienplatz stünden 600.000 Euro bereit!), und deshalb soll nun mit Abfragen und punktuellem Berücksichtigen einiger BürgerInnenwünsche die „denkmalgerechte Rekonstruktion“ überzuckert und schmackhaft gemacht werden, bis sie die KreuzbergerInnen doch noch schlucken.
Wenn angesichts des Elends der Grünflächenpflege und des erbärmlichen Zustands unserer übernutzten Anlagen Steuergelder nicht für eine sowohl von den Erholungsbedürfnissen wie von den Erfordernissen von Stadtökologie und -naturschutz gebotenen Aufwertung dieses Grünzugs eingesetzt, sondern einmal mehr zum Pflegen von Mauern und Fällen von Bäumen missbraucht werden sollen, dann ist es nach unserer Überzeugung ungleich vernünftiger, sie anderweitig, etwa in die nicht minder dringliche energieeffiziente Sanierung denkmalgeschützter bezirkseigener Gebäude zu investieren!
Für uns aber ist es angesichts dieses nur grün getünchten, in Wirklichkeit aber bürgerInnenfernen und gewachsene Stadtnatur bedenkenlos zerstörenden Verwaltungshandelns längst überfällig, außerhalb einer so zeitraubenden wie ergebnislosen Gremienarbeit in einen Diskussionsprozess darüber einzusteigen, wie eine mit „grünem“, also ökologisch verantwortlichem Gestaltungsanspruch auftretende und dabei die BürgerInnen mit ihren Bedürfnissen, Interessen und Besorgnissen ernst nehmende und tatsächlich einbeziehende Politik für Friedrichshain-Kreuzberg aussehen muss!
Vordringlich aber müssen wir die BürgerInnen ausdrücklich davor warnen, dass die zur Verfügung stehenden Fördermittel, indem eine gegenwärtig erzkonservative, rückwärtsgewandte Gartendenkmalpflege die jeweilige Art ihrer Verwendung abzunicken hat, gewissermaßen vergiftet sind und − wenn im ELK verbuddelt − erhebliche Eingriffe in seinen Bestand, ja dessen weitgehende Vernichtung bedeuten. Dazu darf es nicht kommen! Zu viel an gewachsener Stadtnatur hat die Gartendenkmalpflege in dieser Stadt schon auf dem Gewissen.
* Es war, so verlautete inzwischen amtsseitig, ja nur die „Ankündigung einer Einladung“…