Eine Sondersitzung
Mitten in Urlaubszeit und Sommerloch lud Mediator Kessen auf Veranlassung der WSD Ost zu einer außerordentlichen Plenarsitzung ins WSA. Und womit wohl niemand bei diesen Temperaturen gerechnet hatte: alle oder doch nahezu alle Forumsmitglieder eilten herbei!
Als einziger Tagesordnungspunkt war die Präsentation der neuen Projektstruktur angesetzt, die sich die WSV inzwischen gegeben hat, um die komplexe Aufgabe einer nachhaltigen Sanierung des LWK besser zu meistern als es − nach freimütigem Eingeständnis des WSD-Regionalleiters Tjark Hildebrandt − in der Vergangenheit der Fall gewesen sei. Vor allem aber ging es um die Vorstellung der Leiterin der neuen Arbeitsgruppe Landwehrkanal, die sich ausschließlich dieser komplexen Aufgabe widmen soll: Frau Dr. Annette Ernst.
Gründe einer außergewöhnlichen Umstrukturierung
In seiner Einführung begründete Hildebrandt diese für eine Bundesbehörde im Hinblick auf ein einzelnes Vorhaben außergewöhnliche Umstrukturierung damit, dass zu den regulären Unterhaltungsaufgaben des WSA zusätzliche und „ungewohnte“ Aufgaben wie die Teilnahme am immer komplexeren Mediationsverfahren getreten seien, die mit einem hohen öffentlichen Interesse einhergingen. Angesichts dessen sei die Behörde nicht optimal aufgestellt gewesen: So hätten wechselnde Personen zu denselben Sachverhalten jeweils verschiedene Aussagen getroffen, man habe aneinander vorbei agiert, so dass es sogar wieder zu unabgestimmten Fällmaßnahmen gekommen sei.
Schließlich habe man sich gesagt: „So geht’s nicht weiter! Wir brauchen eine bessere Struktur, um innerhalb des Mediationsverfahrens für die Bürger ein verlässlicher Partner zu sein und auch unsere Außendarstellung zu optimieren. Unsere Arbeit muss vorangehen und zugleich transparent sein.“ Fürwahr eine überfällige Erkenntnis.
Hauptsächliche Unzulänglichkeit der inzwischen aufgelösten Projektgruppe LWK sei der Umstand gewesen, dass deren MitarbeiterInnen zugleich weiterhin mit ihren angestammten Aufgaben betraut gewesen seien. Dies sei bei der neuen AG nun nicht mehr der Fall: Ihre Mitglieder − und vor allem die Leiterin, Frau Dr. Ernst −, würden sich ausschließlich der Sanierung des LWK widmen, genauer: einer möglichst genauen Umsetzung der jeweiligen Forumsbeschlüsse. (Über die inzwischen aufgelöste Projektgruppe LWK hörten wir seinerzeit freilich genau dasselbe.)
Ein Bewerbungsgespräch
Annette Ernst, ein „Import“ aus dem zur WSD Nord gehörenden WSA Stralsund, aus Babelsberg gebürtig, an der Uni Greifswald in Geologie promoviert, betonte sogleich und immer wieder, wie gerne sie diese anspruchsvolle Herausforderung annehme und machte in einer Art Bewerbungsgespräch deutlich, dass sie besonders im Hinblick auf ökologische Fragestellungen hervorragend qualifiziert sei: angefangen damit, dass sie übers Disseminationsverhalten, und zwar Schadstoffe indizierende Wirkung tonhaltiger Schwebstoffe im Hamburger Hafenbecken forschte, ihre Dissertation also über ökologische Aspekte der Mineralogie schrieb; sich anschließend in ihrer Tätigkeit für die WSV
mit vielerlei naturwissenschaftlichen Fragestellungen, aber auch mit ökologischen Belangen im Rahmen von Planfeststellungsverfahren beschäftigte und dabei sowohl Landschaftspflegerische Begleitpläne als auch Umweltverträglichkeitsstudien auf den Weg brachte; des weiteren die Umsetzung wesentlicher Ausgleichsmaßnahmen begleitete und nicht zuletzt den Dialog zwischen Wasserbauern, Umwelt- und Naturschutzfachleuten sowie den betroffenen AnwohnerInnen vermittelte.
Mit der Umsetzung der europäischen FFH– oder WRRL sei sie sehr gut vertraut. Das nötige ingenieurtechnische, wasserwirtschaftliche wie verwaltungsrechtliche Fachwissen habe sie sich durch alle Arten berufsbegleitender Fort- und Weiterbildung angeeignet und dies alles auch noch mit einer mutterschaftsbedingten Auszeit zu vereinbaren gewusst. Während Urlaubs- und Krankheitsvertretung ihrer Vorgesetzten habe sie mit Erfolg auch Leitungsfunktionen innegehabt und Führungsverantwortung übernommen −, kurz: für diesen schwierigen Job, um den sich die BewerberInnen vielleicht nicht unbedingt gerissen haben werden, wurde offenbar eine moderne Powerfrau gewonnen!
Die Kunde von der komplizierten Problematik der LWK-Sanierung sei bis nach Stralsund gedrungen, verriet Frau Ernst, und als sie unversehens einen Anruf des Personalchefs erhielt, ob sie sich diese Aufgabe zutraue, habe sie sich nach kurzer Bedenkzeit entschlossen, den Berliner KollegInnen den LWK „abzunehmen“ und Ja gesagt. Dieses wunderbare grüne Band durch die Berliner Innenstadt so gut wie nur möglich zu erhalten, wolle sie ihre ganze Kraft einsetzen! Als sich angesichts von so viel Enthusiasmus erwartungsgemäß allerhand kritische Fragen vor allem auf Seiten der BürgervertreterInnen regten, bat Frau Ernst immer wieder darum, ihr erst einmal eine Chance zu geben, abzuwarten, sie machen zu lassen!
Abwarten
Was das Warten angeht, wird uns zunächst gar nichts anderes übrig bleiben, denn die Arbeitsgruppe − der Name „Projektgruppe“ wurde laut Amtsleiter Scholz deshalb fallengelassen, weil er zu temporär-kurzfristig klinge, während „Arbeitsgruppe“ das Dauerhafte, die ganze LWK-Sanierung Begleitende, besser treffe − diese Arbeitsgruppe also, die Frau Ernst leiten soll, hat drei Abteilungen und sogar eine „Geschäftsstelle“, doch nur die Abteilung „Öffentlichkeitsarbeit“ ist bislang besetzt, nämlich mit der bereits seit rund zwei Jahren mit dieser Aufgabe sehr erfolgreich betrauten Evelyn Maria Bodenmeier. Mensch könnte auf den Gedanken verfallen, diese Abteilung sei gewissermaßen die Keimzelle der ganzen AG. Aber warten wir’s ab.
Drei Viertel der Stellen sind noch vakant. Im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahren, das aus verwaltungsrechtlichen Gründen − und anders als bei Besetzung der Führungsposition − auf den Personal-Pool des WSA Berlin beschränkt bleiben muss, werden für die „Fachlich-technische Steuerung“ vier MitarbeiterInnen gesucht und jeweils eineR für „Controlling“ und die besagte „Geschäftsstelle“. Bundesweit dürfte es aber in der WSV einige fähige MitarbeiterInnen geben, die sich bei der Umsetzung ökologisch anspruchsvoller Projekte unter öffentlicher Partizipation bereits Verdienste erworben haben, also in dieser Richtung nicht einen so erheblichen Nachholbedarf bei gleichzeitigen Lernschwierigkeiten aufweisen, wie er uns bei den MitarbeiterInnen des WSA Berlin leider nicht selten begegnet ist und wovon sich Frau Ernst, die bei der Besetzung der sechs noch vakanten Stellen ein gewichtiges Wort mitreden soll, trotz fleißigem Studium sämtlicher Sitzungsprotokolle schwerlich schon einen Begriff machen konnte. Und dass den BewerberInnen materielle Anreize (womöglich in Form einer Bürgerbeteiligungszulage?) winken, kann dies natürlich nicht kompensieren.
Wir dürfen also weiterhin gespannt sein, in welcher personellen Gestalt sich die AG LWK demnächst materialisiert und müssen darauf bestehen, dass es dazu noch einen Teil II dieser Forumssitzung gibt, denn wir möchten den neuen Anlauf zur Transparenz unbedingt auch im Hinblick auf die anderen MitarbeiterInnen ernst nehmen und etwas über ihre Qualifikation und Kompetenz in nachhaltiger Planung unter dafür unabdingbarer Bürgerbeteiligung erfahren.
Organisations- und Kommunikationschart
Schon am Organigramm fällt allerdings auf, in welch hohem Maße der ganze Fokus auf der AG-Leiterin liegen soll. Und entsprechend betonte Amtsleiter Scholz immer wieder, dass von Stund an Frau Ernst die „Hauptschnittstelle“ zwischen dem Beschlussgremium Mediationsforum und der praktischen Umsetzung seiner Beschlüsse vor Ort sei; dass sie nun alle bisherigen Vorarbeiten der bereits beschlossenen Einzelprojekte bündele; dass alles bei ihr abgeladen werden könne und solle usw. Wir konnten zumindest in effigie durchsetzen (indem der dicke rote Pfeil zwischen Mediationsforum und AG nun in beide Richtungen weist), dass es eine „Rückkopplung“ im Sinne einer Berichts- und Rechenschaftspflicht gibt, was die praktische Umsetzung der Forumsbeschlüsse und -empfehlungen vor Ort, die konkrete Ausführung und evtl. erforderlich werdenden Modifikationen betrifft.

Organigramm Arbeitsgruppe Landwehrkanal ©WSA-B
Absicherung, Austausch und Unterstützung erfährt Frau Ernst einerseits von einem „Lenkungsausschuss“, worin auch VertreterInnen der WSD sitzen und bei Bedarf personelle und materielle Ressourcen zur Verfügung stellen, andererseits vom WSA Berlin, das sich plötzlich auch ober- und außerhalb der neuen Arbeitsgruppe befindet, während seine drei Sachbereiche und der Außenbezirk Neukölln die mit dem LWK verbundenen „Arbeitspakete“ von unten in die AG hineinreichen. Überall lesen wir „enger Austausch“, „Unterstützung“, „enge Abstimmung“.
Wir wollen eine Graphik auch nicht überinterpretieren, aber unseren Eindruck festhalten, dass diese AG LWK sich gewissermaßen vor das WSA, seinen Leiter und das übrige (leitende) Personal, schieben soll, als ginge es darum, es in einer Art inneren Outsourcings vom leidigen, allzu politischen Komplex LWK zu entlasten und vom öffentlichen Fall out evtentuelller Fehlschläge und Misserfolge zu schützen. Wir hoffen, dass es zu diesen nicht kommt und freuen uns, wenn unser Eindruck trügt!