BürgerInnen-Initiative Bäume für Kreuzberg
Bezirksamt votiert im letzten Moment für „unsere“ Variante
Eigentlich sollte am gestrigen Mittwoch (26.11.) die BVV in einem ersten Anlauf über die von Baustadträtin Kalepky erstellte Planungsvorlage zum „Umbau des Grünzuges ehemaliger Luisenstädtischen Kanals (eLK) zwischen Waldemarbrücke und Oranienplatz“ entscheiden, doch diese war bereits im Vorfeld an die Ausschüsse für Umwelt und Stadtplanung verwiesen worden, wo sie nun am 2. bzw. 3.12. beraten werden soll.
Nachdem ihr erster Entwurf als nicht mit den Beschlüssen der Grünenfraktion (Keine Baumfällungen! Keine Tieferlegung! Keine Sichtachsen!) konform befunden wurde, war Frau Kalepky offenbar im letzten Moment gezwungen, die BürgerInnenvariante „Erhalt“ (D) vorzuschlagen. Da alle vier Planungsvarianten − also die bereits genehmigte BPU von 2007 (A), die „Kompromissvariante“ vom Frühjahr 2008 (B), die „Erweiterte Kompromissvariante“ vom Oktober 08 (C) und eben die BI-Variante (D) − den Bezirksverordneten nur mittels recht eigenwillig ausgefüllter Matrices vorgestellt wurden, welche die Planvorgaben insbesondere „unserer“ Variante stark verkürzt, wenn nicht unrichtig widerspiegeln, hatten wir uns erlaubt, den BzV die Matrix für D in einer von uns überarbeiteten Fassung zu senden, dazu auch die entsprechende TOPOS-Zeichnung und unser Leitbild für den gesamten Grünzug (Waldemarbrücke bis Landwehrkanal) und eine ja noch immer ausstehende Debatte. (Auch ein entschiedenes Votum des Quartiersrat Mariannenplatz konnte noch beigefügt werden.)
BI-Vertreter stellt EinwohnerInnenfragen
Die heutige ordentliche BVV-Sitzung aber nahmen wir zum Anlass, um zwei sog. EinwoherInnen-Anfragen zu stellen:
- Frage 1
Wie viele und welche denkmalgeschützten Gebäude (insbesondere Schulen und Sporteinrichtungen wie Turnhallen) befinden sich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, die Sanierungsbedarf haben, sei’s durch eingedrungene Nässe, Schimmelbefall oder mangelnde energieeffiziente Wärmedämmung? - Frage 2
Wie hoch sind die Kosten für die vom Bezirk zur Durchführung der BürgerInnenbeteiligung an der Planung der Umgestaltung des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals beauftragten externen Unternehmen wie z. B. die Firmen Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft mbH und ZimKom Unternehmensentwicklung?
Zur Frage 1 hatte es vergangenes Wochendende pressemäßig eine Koinzidenz gegeben, indem die Morgenpost über einen Stau bei der Schulsanierung in Berlin berichtete und ihn mit einer satten Milliarde Euro bezifferte. − Wir kennen auch denkmalgeschützte Schulen in Friedichshain-Kreuzberg mit schimmligen Turnhallen und baufälligen Sanitäranlagen und wollten mit unserer Frage die VolksvertreterInnen erinnern, dass aus dem Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz sicher sinnvollere Projekte finanziert werden können und müssen als die Zerstörung und anschließende denkmalgerechte Rekonstruktion einer Grünanlage.
In ihrer Antwort sprach die Baustadträtin von 73 denkmalgeschützten Gebäuden im Bezirk F’hain-Kreuzberg, davon 41 Schulen und zwei Sportstätten [weitere Zahlen werden noch nachgereicht], die durchgängig mehr oder minder sanierungsbedürftig seien, konnte aber bloß vier Beispiele benennen, wo die Sanierung bereits in Angriff genommen worden sei. Für mehr reiche das Geld nicht. − Hier gibt’s also noch viel Handlungs-, sprich Finanzierungsbedarf und so gar keinen Anlass, mit den knappen Mitteln Bäume zu fällen und Grünzüge tiefer zu legen.
Wie schon bei der Grünflächenpflege hat sich auch bei der Organisation von BürgerInnenbeteiligung Outsourcing nicht bewährt!
Unsere Frage 2 zur Organisation der BürgerInnenbeteiligung im konkreten Fall eLK bezog sich natürlich vor allem aufs dilettantische Treiben von ZimKom (wir berichteten), doch Frau Kalepky beschränkte sich in ihrer Antwort weitestgehend auf die Firma Stattbau, die den Bezirk bei insgesamt zehn Projekten sowohl im Bereich Grünflächen als auch Hochbau unterstütze, weshalb sich das, was sich allein auf den eLK beziehe, gar nicht genau beziffern lasse.
In der einen, ihm zugebilligten Nachfrage, sprach BI-Vertreter Rainer Böziger von den zahlreichern handwerklichen Fehlern, die im Jahresverlauf gemacht worden seien, und erkundigte sich, ob es denn eine Qualitätskontrolle gebe und wenn ja, nach welchen Kriterien sie erfolgt und welche Ergebnisse sie gezeitigt habe, kam bei Aufzählung der Unzulänglichkeiten aber nur bis zur unzureichenden BürgerInnen-Einladung zu den entsprechenden Veranstaltungen −, schon unterbrach ihn die BVV-Vorsitzende und forderte ihn auf, seine Frage und nur seine Frage zu stellen, duldete keinen weiteren Versuch, deren Veranlassung zu erhellen. So blieben bspw. die amateurhafte Ermittlung und Auswertung von Anregungen und Interessen der Betroffenen inklusive offener Zensurversuche unerwähnt.
BürgerInnen organisieren ihre Beteiligung besser selbst!
Von der Baustadträtin jedenfalls erfuhren wir, dass Stattbau den Auftrag zur Verteilung von 5000 Einladungen an eine weitere Subfirma vergeben habe, die dieser Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen gewesen sei und künftig auch nicht mehr engagiert werde. Auf die Validierung der angeblich professionellen Moderation von Zimkom, wofür die SteuerzahlerInnen immerhin knapp 10.000 EUR berappt haben, ging Frau Kalepky, wie gesagt, nicht näher ein. Hier sei also nochmals hervorgehoben, dass − eben ungeachtet des dilettantischen Vorgehens und der zahlreichen methodischen Fehler von Zimkom − allein auf Grund des ehrenamtlichen Einsatzes der Betroffenen selber sich doch noch ca. 250 BürgerInnen beteiligten und so ein deutliches BürgerInnenvotum in dieser Angelegenheit ermittelt werden konnte.
Um auf die BürgerInnen-Variante „Erhalt“ zurückzukommen, so ist sie laut Matrix deshalb „nicht förderfähig, da es sich vor allem um Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen handelt“, welche vom Bezirk zu finanzieren seien. Diese Begründung ist natürlich unzutreffend. Vielmehr besteht das Motiv für die Behauptung fehlender Fördermöglichkeit aus Mitteln des Programms Städtebaulicher Denkmalschutz lediglich darin, dass die Vertreter des Landesdenkmalamts die weitgehende Freilegung einer von ihnen willkürlich als einzig wertvoll deklarierten Zeitschicht und Gestaltung zum alleinigen Kriterium von „denkmalgerecht“ befördern, koste es im vorliegenden Fall auch so viele Bäume, BenutzerInnenfreundlichkeit und -akzeptanz wie es wolle. Dass offenbar eine rückwärtsgewandte, stockkonservative Auslegung von Gartendenkmalpflege letztlich über die Vergabe von Steuermitteln den Ausschlag gibt in einem Programm, das lt. seinen Förderkritierien auch den Bedürfnissen der NutzerInnen der Anlage sowie der nachhaltigen Verbesserung und Revitalisierung ihres Quartiers dienen soll, ist der eigentliche Skandal!
Um nun die Freifläche vor der Waldemarbrücke und die Eingangssituation am Drachenbrunnen repräsentativ zu gestalten, arten- und strukturreiche Sträucher und Stauden nachzupflanzen und den dringend notwendigen Tiefbrunnen anzulegen, kommen laut Beschlussvorlage 200.000 Euro auf den Bezirk zu – was schwerlich ausreichen dürfte: hier müssen also andere Fördertöpfe gefunden werden! − Ansonsten aber sind wir gespannt auf die Ausschusssitzungen am 2. bzw. 3. Dezember…