– Neujahrswünsche für ein grünes Berlin –
Noch immer gilt unsere Stadt als eine der grünsten Metropolen überhaupt und dass dem so bleibe, liegt ja nicht nur der Tourismusindustrie am Herzen. Im zu Ende gehenden Jahr jedoch hat z. B. der BUND einmal mehr auf den kontinuierlichen Verlust von zwischen 1000 und 1500 Straßenbäumen jährlich hinweisen müssen oder auf die horrende Zahl von 2500 Bäumen im geschätzten nominellen Gesamtwert von 12,5 Mill. Euro (der ökologische, also reale Wert lässt sich schlechterdings nicht beziffern), die im Zuge von Baumaßnahmen der Tatsache, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen auf 46 von 50 Baustellen unterbleiben, zum Opfer fielen. Auf Grund von Personalmangel können die Grünflächenämter ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkommen, und die Sanktionen für diese Kategorie von „Sachbeschädigung“ sind ohnehin lächerlich gering. — Was hingegen die krankheitsbedingten Abgänge infolge gestiegener Umweltbelastungen angeht, so haben wir es nach Meinung von Fachleuten derzeit erst mit der Spitze des Eisbergs zu tun.
Mit Neupflanzungen aber sieht es schlecht aus, die Stadt hat wahrlich andere Sorgen, ist bekanntermaßen hoch verschuldet — allein die Zinszahlungen betragen 2,3 Mrd. Euro jährlich (und das sind immerhin pro Berliner Kopf knapp 700 Euro!) —, und so möchte sich Finanzsenator Sarrazin im neuen Jahr endlich daran machen, dem Schuldenberg als solchem zu Leibe zu rücken. Die im Haushaltsplan 2008/09 den Bezirken für Grünpflege angewiesenen Mittel reichen hinten und vorne nicht, zumal die Haushaltslogik hier einen inhärenten Fehler aufweist und die mit Neupflanzungen zwangsläufig langfristig verbundenen Folgekosten nicht ausreichend berücksichtigt. Anträge verschiedener Bezirke auf einen Nachtrag wurden indessen abgeschmettert, doch auf Nachfrage beschwichtigt beispielsweise der Friedrichshain-Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz: selbstverständlich bleibe man weiterhin am Ball. Fürs neue Jahr ist zu wünschen, dass sich unter den Fraktionen im Abgeordnetenhaus hierbei Unterstützung findet!
Als nach dem Orkan Kyrill, der ca. 250 Bäume entwurzelte, die meisten nicht ersetzt werden konnten und schließlich Forderungen nach zusätzlichem Geld für Pflanzungen laut wurden, erklärte Beate Profé, Referatsleiterin für Stadtgrün und Freiraumplanung bei SenStadt, gegenüber der Berliner Zeitung im Sommer kategorisch: „Wir haben keine Mittel für ein Sonderprogramm.“ Dem beeilte sich damals Umweltsenatorin Katrin Lompscher zu widersprechen: Aus dem gemeinsam von EU und Senat finanzierten Umweltentlastungsprogramm (UEP), aus dem schon einmal die Pflanzung von 2000 Bäumen finanziert wurde, stünden abermals 5 Mill. Euro für eine gleiche Anzahl Neupflanzungen zur Verfügung —, eine Hoffnung, die inzwischen freilich zerstoben ist: Ausgerechnet am Heiligabend meldete der Tagesspiegel, dass jedenfalls aus dem UEP II keine Gelder für neue Bäume zu erwarten seien.
Bleiben also weiterhin nur die Mittel aus Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (A & E), die nach der am 10. November veröffentlichten, nunmehr vierten Verwässerung der Berliner Baumschutzverordnung immerhin zweckgebunden für Baumpflanzungen verwendet werden müssen, wenn der Eingriff in Natur und Landschaft mit Fällung geschützter Bäume einherging, und nicht mehr, wie bisher häufig geschehen, etwa in die Anlage asphaltierter Radwege oder die Aufstellung von Parkbänken fließen dürfen. Überdies müssen Kampagnen wie „Bäume für Berlin“, Baumspenden und -patenschaften unterstützt bzw. ermuntert werden und sind von bürokratischen Hürden und den Fallstricken finanzieller Folgeverpflichtungen für die SpenderInnen freizuhalten —, womit andererseits keinesfalls der Privatisierung der Freiraumgestaltung und Grünflächenpflege das Wort geredet werden soll, da sie sich allenfalls in Bezirken wie Zehlendorf bewähren würde!
Mit einiger Verblüffung haben wir kürzlich die Äußerung von Frau Profé am Rande einer LWK-Mediationsforumssitzung zur Kenntnis genommen, wonach in Berlin derzeit tatsächlich mehr Bäume gepflanzt als gefällt würden, somit entgegen allen anderslautenden Behauptungen die Baumbilanz positiv ausfalle und von einem schleichenden Schwund des Berliner Grüns keine Rede sein könne. Unserer Bitte, diese starke These doch öffentlich mit Zahlen und Fakten zu untermauern, ist die Referatsleiterin Stadtgrün bislang noch nicht nachgekommen.
Wie auch immer, darüber dass der Wert unseres Altbaumbestandes für Ökologie, Klimaschutz und Lebensqualität schwerlich zu überschätzen ist, sind sich inzwischen wohl die meisten im klaren, und so kommt es für uns BaumschützerInnen 2008 demnach umso mehr darauf an, jeden einzelnen Baum gegen willkürliche, vorschnelle und fachlich ungerechtfertigte Fällabsichten der Behörden nach Kräften zu verteidigen — sei’s an den Ufern des Landwehrkanal, sei’s in der Reichenberger oder Kohlfurther Straße in Kreuzberg, in der Oderberger Straße oder dem Gleimviertel in Prenzlauer Berg oder eben anderswo —, damit sich nicht doch noch ein Diktum von Horst Brüggen von Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bewahrheite: „Sie streichen grüne Farbe auf Beton und sagen es sei Rasen“. Auf einer Hauswand in der Strelitzer Straße in Mitte jedenfalls findet sich bereits das Menetekel…
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