BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Das Thema Nachhaltigkeit ernstnehmen!

Zum Auftakt der dritten Sitzung des Arbeitskreises „Nachhaltige Schifffahrt und Wirtschaft“ am vergangenen Freitag (28.3.) bekundeten verschiedene Vertreter der BI ihre wachsende Enttäuschung und Ungeduld über die bisher in dieser Runde erreichten Ergebnisse. Man drehe sich seit vier Monaten im Kreis und verschwende Kraft und Zeit. Weder von Seiten des WSA noch der Reeder sei man der Klärung des Begriffs Nachhaltigkeit auch nur um ein Jota näher gerückt, und die Tatsache, dass zwar wieder acht BürgervertreterInnen ihre Freizeit opferten, aber — Osterpause hin oder her — weder ein Vertreter der großen Reedereien noch auch jemand von der Wasserbehörde des Senats diesmal den Weg ins WSA gefunden habe, spreche Bände darüber, wie hoch die relevanten Akteure die Bedeutung der Thematik dieses Arbeitskreises veranschlagten. Da diese auch die nachhaltige wirtschaftliche Nutzung des LWK überhaupt umfasse, falle auch das Fernbleiben des IHK-Repräsentanten auf, von dem man sich bspw. Ausführungen zu Möglichkeiten der Wettbewerbsförderung erhofft hatte.

Angesichts sich dramatisch verschlechternder allgemeiner Umweltbedingungen, der besonderen Rahmenbedingungen auf innerstädtischen Wasserstraßen inmitten verdichteter Wohnbereiche und auch der zu erwartenden Preis- und Verfügbarkeitsentwicklung fossiler Treibstoffe beantragten BI-Vertreter, in diesem Mediationsverfahren endlich auch die Nachhaltigkeitsproblematik ernst zu nehmen, im Arbeitskreis den nötigen fachlichen Input bzgl. alternativer Antriebsarten sicherzustellen und sich nicht zuletzt dafür stark zu machen, dass im gesetzlichen Auftrag des WSA (bzw. allgemein der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) neben der Gewährleistung von Sicherheit und Leichtigkeit der Schifffahrt sowie der Abwehr der von ihr ausgehenden Gefahren (!) auch die Sorge um ihre Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit als Zielstellung verankert werde.

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Unterhaltungspflichten

Ausgehend von der Haverie am Riedel-Anleger nahe Kottbusser Brücke, womit vor nunmehr fast genau einem Jahr alles anfing, mahnte die BI die Klärung der Fragen an, welche Nachweispflichten der Genehmigungsinhaber einer Anlegestelle denn wem gegenüber habe, dass er die ihm erteilten Auflagen auch erfüllt, also z. B. im Kanal regelmäßige Peilungen zur Feststellung etwaiger nutzungsbedingt entstandener Über- oder Untiefen vornimmt, und ob es bei Pflichtvernachlässigung Sanktionen möglicherweise bis hin zum Entzug der Genehmigung gebe.

Zum konkreten Hintergrund: Seinerzeit hatte Riedel-Geschäftsführer Freise behauptet, nur für die Wartung und Sicherung der Gebäude, nicht aber für die Kontrolle der Ufermauern zuständig zu sein und dies mit dem WSA auch vertraglich geregelt zu haben. — Demgegenüber wird jedoch nach der BI vorliegenden Informationen Neubewerbern um eine Anlegestelle seitens der zuständigen Senatsbehörden die Auflage erteilt, mindestens ein Mal im Jahr die Sohle im Bereich der Anlegestelle zu peilen, die Ergebnisse in schriftlicher Form vorzulegen und Un- bzw. Übertiefen sofort und auf eigene Kosten zu beseitigen.

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Nah am Eklat?

Bettina Kummerlöw, Vize-Chefin des WSA, bestritt von Seiten ihrer Behörde die Erteilung solcher Auflagen, bedauerte ebenfalls das Fernbleiben von Reedern wie Senatsvertretern, die hier nähere Auskunft hätten geben können, und nahm im Übrigen die Gelegenheit wahr, nun ihrerseits einer wachsenden Unzufriedenheit mit der bisherigen Tätigkeit dieses Arbeitskreises Luft zu machen, dessen Vorgehensweise sie ausgesprochen unproduktiv nannte. Es könne nicht angehen, diesen ständigen Schlagabtausch zwischen Behörden- und BürgervertreterInnen noch weiter fortzusetzen, bei dem es diesen offenbar nur darum gehe, die Gegenseite mit immer neuen Forderungen zu konfrontieren, um damit indirekt ganz andere, uneingestandene Ziele zu erreichen. — Wenn nicht alsbald einvernehmlich ein Beschluss über eine konkrete Zielstellung/Agenda gefasst werde, um sie gemeinsam abzuarbeiten, kündigte sie an, dem Amt einen Rückzug aus diesem Arbeitskreis vorzuschlagen.

Frau Kummerlöws Forderung wird vom Mediationsteam umgehend aufgenommen, indem zwei Flipcharts vorbereitet werden: eine für eine mögliche nächste Tagesordnung und eine für Vorschläge zu einer mittelfristig abzuarbeitende Agenda. [Siehe dazu die Beiträge weiter unten.]

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Öffnung der Anlegestellen – Diversifizierung des Angebots!

Es trifft nun in der Tat zu, dass die BI eine Überprüfung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit jener ersten Havarie auch im Hinblick darauf anstrebt, die Blockadehaltung der großen Reedereien aufzubrechen, die faktisch die Anlegestellen monopolisieren und sich weigern, sie Mitbewerbern zu öffnen, während andererseits von WSA und Reedern unisono behauptet wird, dass für weitere Anleger kein Platz und der LWK voll sei. (Allenfalls am Halleschen Tor sah Riedel-Geschäftsführer Freise unlängst noch ungenutzte Kapazitäten, während Max Hiller vom Sportbootverband solche auch noch anderswo sieht — sei’s im historischen oder im Urbanhafen, sei’s am Studentenbad —, so dass der AK übereinkam, anlässlich der gemeinsamen Kanalbefahrung unter Leitung von Jörg Augsten am 4. April zu versuchen, auch diese Frage zu klären.)

Der BI und den von ihr repräsentierten BürgerInnen aber geht es um eine Diversifizierung des Angebots in der Fahrgastschifffahrt hin zu alternativen, idealerweise emissionsfreien Antriebsarten, deren technische Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit etc. z. B. Loch und Freise mit wechselnden Argumenten entschieden bestreiten. Deshalb bedarf es, wenn es hier weiterhin kein Entgegenkommen gibt, der „Peitsche des Verursacherprinzips“, wie vielleicht in etwas unglücklicher Metaphorik formuliert wurde, dem Insistieren auf der Frage, wer denn den Kanal kaputtgefahren habe, oder aber mit Blick auf die aktuelle Wettbewerbsverhinderungsstrategie einer wettbewerbsrechtlichen Überprüfung der Situation.

Entgegen dem Resumée von Mediator Kessen beim letzten Treffen ist hier auf der rechtlichen Schiene durchaus noch voranzukommen, zumal ja auch das WSA lt. Frau Kummerlöw eine Gemeinschafts- und Mischnutzung von Anlegern begrüßen würde. Diese zu befördern und damit innovativen nachhaltigen Antriebsarten, denen die stellv. Amtsleiterin wie auch Jens Dingler vom Schifffahrtsbüro nach eigener Aussage ebenfalls positiv gegenüber stehen, zum Durchbruch zu verhelfen, sollte der AK bzw. — selbstredend neben anderem — das ganze Mediationsverfahren genutzt werden! Wenn in dieser Hinsicht allerdings keine substantiellen Verbesserungen erreicht würden, verlohne der enorme Zeit- und Kraftaufwand nicht und müssten wieder Wege politischer Auseinandersetzung und der Erzeugung öffentlichen Drucks beschritten werden. Und nebenbei bemerkt: Wenn die Kosten für die Folgeschäden des konventionellen Fahrgastschiffsbetriebs internalisiert würden, wäre die Solarschifffahrt auf dem LWK mit einem Schlag wettbewerbsfähig!

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Umweltzone für Schiffe!

Auch müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf Schiffsmotoren, Emissionsgrenzwerte, Kontrollmechanismen usw. endlich einmal vorgestellt und erläutert werden: Wer ist z. B. für die Luftreinhaltung über den Bundeswasserstraßen zuständig? Wer kontrolliert hier wie? — Vor allem aber müssen in dieser Saison Immissionsmessungen an Brennpunkten (Schleusen, Anlege- und Liegestellen, im Urbanhafen, am Planufer) vorgenommen werden, und jeweils nicht nur in der Höhe, sondern auch nahe der Wasseroberfläche — am zweckmäßigsten durch die Senatsverwaltung für Umwelt (SenGUV), die über das nötige Equipment verfügt —, um die Fakten zur Beschreibung des Status quo zu erheben und ggf. nachweisen zu können, dass manche Schiffe eben auf illegale Weise betrieben werden und also auch objektiv unhaltbare Zustände herrschen. (Hier dürfen übrigens auch die polnischen Frachter mit dem Schutt von Honnis Lampenladen nicht vergessen werden!].

Dies zielt mitnichten darauf, bestehende Flotten in toto stillzulegen bzw. auf Solarantrieb umzurüsten, sondern die berühmten Stinker aus dem Verkehr zu ziehen, um in punkto Umweltzone nicht mit zweierlei Maß zu messen. (Auf den dringenden Handlungsbedarf hat Martin Schlegel vom BUND schon letzten Sommer hingewiesen und in diesem Zusammenhang auch mit Stern und Kreis über eine Art freiwilliger Selbstverpflichtung zur Schadstoffreduzierung gesprochen, was Loch und Grondke vom Reederverband freilich etwas anders darstellen.)

End of the Pipe

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Sind Rußfilter eine Alternative?

Es ist auch nicht so, dass sich politisch nichts bewegte. Wir berichteten kürzlich über ein 500 Mill. Euro schweres Förderprogramm des BMVBS zur Erprobung der Brennstoffzellentechnologie, und seit 2006 läuft ein Pilotprojekt des Ministeriums zur Erprobung von Rußpartikelfiltern, bei dem bislang nur ein Fahrgastschiff aus Saarbrücken einen Zuschlag bekommen hat, aber keins aus Berlin: Jürgen Loch habe sich vergeblich beworben. Hier müsste versucht werden, mit Hinweis auf die besondere Situation in unserer Stadt − dem hohen Schiffsverkehrsaufkommen in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen; der Notwendigkeit, oft nicht kraftschlüssig, sondern im Standgas zu fahren −, noch nachträglich auch eine Berliner Reederei zu beteiligen; das Programm läuft noch bis 2010.

Desgleichen haben wir bereits über ein Projekt von SenGUV berichtet, italienische Papierfilter in Schiffsdieseln zu erproben, und wir können nur die Frage wiederholen, wieso sich weder Stern und Kreis noch sonst eine Berliner Reederei bislang daran beteiligt: Die Einbaukosten übernimmt der Senat, also die Steuerzahlerin, und das Argument, für solche Projekte sei der Bund zuständig, ist wenig überzeugend.

Hier wurde angeregt, Umweltsenatorin Lompscher direkt anzusprechen, ob der Abteilungsleiter für Luftreinhaltung, Dr. Breitenkamp, oder ein Vertreter im Rahmen eines Vortrags den AK über die komplexe Thematik unterrichten und zugleich auch das erwähnte Senatsprogramm vorstellen könnte. — Außerdem wäre es sinnvoll, Berndt Brussig von der Humboldt Uni einzuladen, über die „Umweltzone für Schiffe“ zu sprechen.

Die Vorbereitung einer Beschlussvorlage für das Forum, wonach wir das BMVBS ersuchen, noch ein Fahrgastschiff, das auf dem LWK verkehrt, in das laufende Erprobungsprogramm aufzunehmen, scheiterte leider fürs erste am Widerstand eines BI-Vertreters, der sich dagegen aussprach, nach bewährtem Muster Steuermittel in die Aufrüstung einer bereits veralteten Technologie zu verschwenden, während die innovativen Lösungen bereits Marktreife erlangt hätten. Die verschiedenen Argumente, dass es a) angesichts der zu erwartenden Übergangsfristen doch auch darum gehen müsse, den Ist-Zustand im Hinblick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen von AnwohnerInnen, Passagieren und Personal zu verbessern, dass b) sogar ein Scheitern des Experiments zu erwarten sei, indem die niedrigen Verbrennungstemperaturen beim häufigen Standgasbetrieb auf dem LWK zu einer schnellen Verstopfung der Filter führen würden und dadurch die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Alternative um so unabweisbarer würde; oder c) dass, wenn Stern und Kreis nach der Ablehnung durchs Ministerium und dem mangelnden Interesse am Senatsprogramm nun überhaupt abwinke, es ja schließlich noch eine ganze Reihe anderer Reeder auf dem Kanal gebe, die womöglich interessiert sei −, all dies vermochte nicht zu überzeugen.

BaumschützerInnen-Info vom 31.03.08

Innovative Antriebsarten für die Fahrgastschifffahrt

Wünschenswert ist demzufolge auch ein fachlicher Input zu den Möglichkeiten, der Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit solarer Binnenschifffahrt oder allgemein zu alternativen Schiffsantriebsarten. [Siehe zur Geschichte der Solarschifffahrt auch SolarWaterWorld .] Um allerdings zu verhüten, dass daraus ein losgelöstes Expertengespräch unter Insidern werde, erinnerte Jens Dingler zunächst daran, in diesem Zusammenhang nicht die Fahrgastschifffahrt aus den Augen zu verlieren, nämlich die „Beförderung von Fahrgästen gegen Entgelt“: nicht jedes kleine Solarboot könne dafür zugelassen werden. Sodann gehe es in unserem Fall um Fahrgastschifffahrt auf einer Bundeswasserstraße. Für die technische Untersuchung und Zulassung ist hier — sozusagen als Schiffs-TÜV — die Zentralstelle Schiffsuntersuchungskommission/Schiffseichamt (ZSUK) zuständig.

Und da es vor allem darum geht, die Reeder zu interessieren, empfiehlt es sich vielleicht auch, einen Kollegen mit einschlägiger Erfahrung einzuladen, entweder einen Vertreter der Hamburger Reederei, welche die Alstersonne in Betrieb hat oder gleich von der Kopf AG selber, die dieses Schiff gebaut hat.

Jedenfalls sei es bestimmt nicht verkehrt, wenn es dieses Mediationsverfahren zur Zukunft des LWK zur Abwechslung auch einmal mit einer zukunftsgewandten Meldung in die Medien schaffte, etwa dergestalt, dass das Forum ein Pilotprojekt zur Erprobung innovativer, emissionsarmer oder sogar -freier Antriebsarten für die Fahrgastschifffahrt auf den Weg gebracht habe! Hier komme es auch gewiss nicht auf einzelne Reeder an: wenn Loch nicht wolle, müsse man andere finden, und wenn die Großreeder nicht wollten, wäre es doch gerade umso bemerkenswerter, wenn die Innovation von „den Kleinen“ ausgehe!

Weiterhin wären noch sachverständige Auskünfte zum System Schiff-Wasserstraße nötig, am besten durch einen Experten der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), und zwar im Hinblick auf die Frage, welche Schiffstypen und -bauweisen welchen Strömungs- und Lasteneintrag auf Uferbefestigung und Anlegestellen bewirken (Stichwort: Sog und Wellenschlag), um Kriterien dafür zu entwickeln, welche Eigenschaften der Schiffe sie abgesehen von der Art ihres Antriebs für das denkmalgeschützte Bauwerk überhaupt nachhaltig machen.

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