Wir wünschen allen Mitgliedern, Beteiligten, UnterstützerInnen und LeserInnen
ein gesundes, erfolgreiches, produktiv unruhiges neues Jahr
mit maximal wirkungsvollem Engagement für eine ökologisch
(und erst damit auch ökonomisch!)
nachhaltige, sozialverträgliche Entwicklung unserer Stadt!
Aufforderung zu Unruhe und Engagement
Vorerst Düster-Beklemmendes
Inmitten der Megakrise, wo viele das Wort schon nicht mehr hören mögen, derweil sie im Süden längst ihre Hekatomben fordert, für uns aber, deren Wirtschafts- und Lebensweise sie heraufgeführt hat, das Beste erst noch voraus liegt und manche schon eine kleine „erzieherische Katastrophe“ herbeisehnen;
nach dem Fiasko der jüngsten internationalen Gipfel-Palaver über Hunger- und Klimakatastrophe;
nach den diversen beschämenden Pleiten sei’s auf EU-Ebene, wo die Ernennung grauer Mäuse zu obersten RepräsentantInnen dafür sorgen soll, dass den Nationalegoismen nichts in die Quere kommt;
sei’s auf nationaler Ebene, wo die neue Regierungskoalition mit einer grotesken, bisweilen ins Absurde kippenden Performance aufwartet −,
angesichts dieses geballten Versagens der angeblich Regierenden vor einer Phalanx epochaler Probleme, der wir uns mehr und mehr ausgeliefert sehen, kann regelrecht Panik aufkommen.
Wer erwartet sich denn noch was von den nächsten Klimagipfeln von Bonn bis Mexiko City oder von der im Herbst unter deutschem Vorsitz stattfindenden Weltnaturschutzkonferenz in Japan, wo sich die „Weltgemeinschaft“ mal wieder „ehrgeizige Ziele im Kampf gegen das Artensterben“ setzen wird, nachdem sie die vorigen lt. EU-Kommission im IUCN-Countdown 2010 bedauerlicherweise desaströs verfehlt?
Unruhe ist Pflicht!
Die Frustration der Menschen wächst, die Empörung über kurzatmiges, lobbyistengetriebenes, allein an Machterhalt und -mehrung orientiertes Handeln der politischen Klasse sowie über die Impertinenz und Straflosigkeit jener Leistungsträger, die emsig das ökonomische Debakel anrichten halfen und inzwischen wieder kräftig daran verdienen, mündet einerseits in Verdrossenheit, Apathie und Ohnmachtsargumentationen oder auch schon mal in dumpfe Wut und blinden Aktionismus.
Andererseits aber nimmt quer durch Generationen und Schichten zumindest der unteren Gesellschaftsdrittel das Bewusstsein rapide zu, dass sich in solcher Lage „die Menschen draußen im Lande“ (Altkanzler Kohl) in BürgerInnen rückzuverwandeln haben, deren erste Pflicht die hierzulande so übel beleumundete Unruhe ist. „Keine Angst vor sozialen Unruhen“, meinte denn auch C. Semler schon im Frühjahr in der TAZ, „wir brauchen sie!“
Offene, groteske Klientelpolitik seitens Schwarzgelb, Aufkündigung des Solidarprinzips in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen im sturen Festhalten an einer Ideologie, die unter immensen, exponentiell wachsenden gesamtgesellschaftlichen Kosten grandios gescheitert ist, stellt dabei für den Frieden unter Koalitionspartnern ihrerseits den sozialen zur Disposition.
Beteiligungsoffensive!
Um aber die soziale Unruhe produktiv werden zu lassen und uns die entwundene Demokratiekompetenz zurückzuholen, sollten wir das Mantra der notwendigen Übernahme höherer Selbstverantwortung durchaus ernst, unsere EntscheidungsträgerInnen beim Wort nehmen und mit einer vielgestaltigen, so alternativlos wie überfälligen Einmischungs- und Beteiligungsoffensive von unten konfrontieren − und dies auch eingedenk der Tatsache, dass sich in absehbarer Zeit die politischen Rahmenbedingungen schwerlich verbessern dürften. Auf der lokalen, lebensweltlich-praktischen Ebene, wo bspw. der 1992 ausgerufene Agenda21-Prozess ansetzen sollte, jedoch schon viele Jahre in den Sielen liegt und nicht nur von Vertretern aus Politik und Wirtschaft, sondern auch von diversen NGOs als bloße „Spielwiese“ abgetan wird, ist mit den unabdingbaren Verwaltungsreformen von oben nicht zu rechnen. Der Querschnittscharakter des Agenda-Konzepts konfligiert per se mit den voneinander abgeschotteten, hierarchischen Verwaltungsstrukturen. Vor allem aber gebricht es dem genannten Prozess an öffentlicher Sichtbarkeit, und als Voraussetzung seiner dringlichen Revitalisierung bedarf er u. E. seinerseits erstmal einer unabhängigen gründlichen Evaluierung und sodann eines transparenten Qualitätsmanagements und Controllings!
Nur politischer Wille von unten vermag noch was gegen rückwärts gewandtes Verwaltungshandeln
Zu entsprechender Selbstreformierung sind die Institutionen strukturell unfähig, und es kann nicht überraschen, dass Symptombekämpfung bspw. in Form von Weiterbildungsangeboten der Verwaltungsakademie zu Themen wie Nachhaltigkeit, BürgerInnen-Beteiligung etc. von den, infolge einschneidender Personal- und Mittelverknappung überlasteten MitarbeiterInnen nur in seltenen Fällen wahrgenommen werden. − Vorschläge von ÖkologInnen oder BürgervertreterInnen, umfassende Erfordernisse wie eben Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit auch auf den unteren Verwaltungsebenen zu institutionalisieren und z. B.einen Nachhaltigkeitsbeirat, einen Umwelt-Dezernenten o.dgl. im WSA zu installieren, werden mit Hinweis auf die Existenz entsprechender übergeordneter Fachbehörden abgefertigt, während sich dann beim Anstehen umweltsensibler Vorhaben VertreterInnen von BIs oder Naturschutzverbänden genötigt sehen, eine widerstrebende WSD etwa bei Beauftragung von UVS und LPB zur Konsultierung dieser Fachbehörden regelrecht zu drängen. − Und auf Landes- wie kommunaler Ebene fühlen sich SenStadt-Abteilungen oder Bezirksämter an Empfehlungen solcher Fachbehörden des Bundes schon gar nicht gebunden, da sie ja ohne ihr Mitwirken zustande gekommen seien…
Wie auch immer, ein Upgrading der Verwaltungsstrukturen in Richtung Wende zu Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit, ökologischer Gerechtigkeit, Demokratisierung und BürgerInnen-Beteiligung wird entweder durch Druck von unten kommen oder gar nicht !
Zur konkreten Bilanz
Vor diesem Hintergrund kann unsere Bilanz der BürgerInnen-Beteiligung für 2009, bezogen aufs Stadtgrün und die Beispiele, wo sich die BaL entweder einbrachten oder von denen sie nähere Kenntnis erhielten, erwartungsgemäß nur durchwachsen ausfallen. Mancherlei gibt es zu monieren im Zusammenhang mit
- der Gestaltung der „Zukunft des LWK“ im gleichnamigen Mediationsverfahren [s.u.]
- des Gleisdreieck-Parks [siehe z. B. hier und hier] mit Runden Tischen und Projektbegleitender Arbeitsgruppe [hier folgen Senat (bzw. Grün Berlin) wie Bezirke offenbar der Maxime divide et impera1]
- der Städtebauliche Rahmenplanung Luisenstadt [wir haben seither nichts mehr davon gehört]
- der Arbeit am „Grünen Leitbild Berlin“ [wir haben seither nichts mehr davon gehört]
- der Planungen zum Kreuzberger Spreeufer [wo die BürgervertreterInnen den Sonderausschuss verließen]
- des Umbaus des östlichen Tiergartens2
- der Gestaltung der Lohmühleninsel und des östlichen Görlitzer Parks [wobei die drei letztgenannten Maßnahmen ganz ohne BüBe auskamen und wir mit Hilfe der BVV-Fraktionen von Linken und Grünen vorerst einen Fäll- und Baustopp erreichen konnten. − Wir erinnern noch mal an den von etlichen Initiativen unterzeichneten Offenen Brief an Bezirksverwaltung und alle Parteien in F’hain-Kreuzberg − stellvertretend für alle anderen Bezirke3] und last not least
- der „Erschließung“ des Tempelhofer Felds [hier lässt sich anhand des „mehrstufigen Beteiligungsverfahrens“ trefflich die Taktik „Von der Formalisierung zur Marginalisierung“ studieren und verfolgen, wie alle wesentlichen Entscheidungen hinter verschlossenen Türen fallen.]
- to be continued…
Die Auflistung ließ sich noch eine Weile fortführen, doch aus Zeit- und Kapazitätsgründen müssen wir uns vorerst ohnehin aufs größte Projekt, die LWK-Sanierung, beschränken und wollen das inzwischen ins dritte Jahr gehende, in mancher Hinsicht modellhafte Mediationsverfahren unterm Aspekt der BürgerInnen-Beteiligung beleuchten.
Erreichtes und Versäumtes
Ein Blick zurück
Die nach zwei Fällen von Uferversagen ohne Baumbestand von der Bundesbehörde WSA Berlin entlang des Kanals angekündigte Massenfällung hatte in Frühjahr/-sommer 2007, initialisiert von Arno Paulus und anderen, Zehntausende protestieren lassen und durch vielfältige entschlossene Aktionen der sich spontan organisierenden BI Bäume am Landwehrkanal einen enormen politischen und medialen Druck aufgebaut. Das Amt, auf Geheiß von ganz oben zum Einlenken gezwungen, kam der von verschiedener Seite erhobenen Forderung nach und eröffnete das bis dato größte Mediationsverfahren im Land, mit Beteiligung eines Großteils der unterschiedlichen Stakeholder, unter denen das WSA zu einigem Verdruss nur allenfalls so was wie ein primus inter pares ist.
Im Nachhinein muss erstaunen, dass dieses Verfahren − wiewohl der Sache überaus angemessen − den Titel „Zur Zukunft des Landwehrkanals“ erhielt, denn von Anbeginn geht es dem (noch immer alleinigen) Vorhabenträger im Grunde darum, den Gegenstand der aufwendigen Mediation auf die Instandsetzung der Jahrzehnte vernachlässigten und durch grenzenlos genehmigte Fahrgastschifffahrt verschlissenen, denkmalgeschützten Uferbefestigung herabzustufen, um Sicherheit & Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zu gewährleisten, worin sich − nach tradierter, aber von der geltenden Rechtslage überholten Interpretation − der gesetzliche Auftrag der WSV angeblich erschöpft.
Bedauerlicher- und u. E. unberechtigterweise sieht das der Senat genauso, desgleichen (allerdings mit Einschränkungen) die Reederschaft. Die Denkmalbehörden und die VertreterInnen der fünf Anrainerbezirke sehen es schon differenzierter, und allein Umwelt- und Naturschutzverbände sowie die Bürger- und AnwohnervertreterInnen nehmen das Thema Nachhaltigkeit ernst, bestehen auf Zukunftsfähigkeit der Sanierung und demzufolge auf einem integrierten oder ganzheitlichen Ansatz ihrer Planung, die alle Aspekte des komplexen „Systems“ LWK − einer Wasserstraße, die sich mit ihren begleitenden Grünzügen elf Kilometer lang durch fünf innerstädtische Bezirke erstreckt − in einem am Anfang stehenden Leitbild berücksichtigt, worin die Interessen und Bedürfnisse möglichst aller (inklusive der nichtmenschlichen!) Stakeholder repräsentiert und aufgehoben sind.
Durchsetzung von UVS und LPB
Fast zwei Jahre wurden BaL, BUND und NABU nicht müde, eine umfassende floristisch-faunistische Bestandserfassung als unabdingbare Voraussetzung dafür zu fordern, die Potentiale des LWK im Hinblick auf ihre Optimierung im Rahmen dieser auf mindestens eine Dekade angelegten Sanierungsprojekts zu ermitteln. Anfang Juli war’s endlich so weit und auf Empfehlung der Planfeststellungsbehörde in Magdeburg und auf Drängen der ebendort ansässigen WSD Ost erklärte sich das WSA bereit, die Durchführung von UVS und die Erstellung eines LPB zu beauftragen.
Die Irritationen, dass auf Grund seiner großen Expertise damit das WNA Magdeburg betraut wurde, konnte die Leiterin der AG LWK, Frau Dr. Ernst, inzwischen mit der Versicherung zerstreuen, dass das WNA mit Unterstützung der BfG die entsprechenden Untersuchungen und Kartierungen an externe Fachleute aus Botanik und Zoologie beauftragen wird. Und es werde auch keine Zusammenlegung von Bestandserhebungen der Uferbäume geben, wie sie zur Fortschreibung des Großen denkmalpflegerischen Gutachtens notwendig sind.
Am 25. Januar soll in einer Sitzung der AG Lösungssondierung Transparenz über Inhalte, Ziele und Schnittstellen der zu beauftragenden oder bereits beauftragten Gutachten und Planwerke hergestellt werden.
Statt Masterplan konkrete Konzept-Ideen vorweg
Da der Regierende (ungeachtet aller Postkarten-Aktionen, Paddelparaden und Ratschläge seines, die Einbeziehung stadtentwicklungspolitischer Aspekte ja befürwortenden Beraters Björn Böhning) sich stereotyp für unzuständig erklärt und auf SenStadt verweist, Senatorin Junge-Reyer sich indessen mit der ihr eigenen Hartnäckigkeit weigert, über das Thema mit den BürgerInnen auch nur in Dialog zu treten, derweil SenGUV und Senatorin Lompscher hierüber zwar erklärtermaßen anders denken, sich aber der Koalitionsräson unterwerfen müssen, sind die BaL mit Unterstützung von KUBUS (Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen der TU) von sich aus initiativ geworden.
Wenn die Federführung bei einer Gesamtplanung mit wie unzureichender Begründung auch immer abgelehnt wird, kann nur die Entwicklung konkreter Konzepte „von unten“ die Alternative zum ingenieurtechnischen Durchsanieren sein. In Ermangelung eigener einschlägiger Expertise und angesichts der frühen amtsseitigen Verweigerung eines Budgets, das den BürgervertreterInnen die Beauftragung externer Fachleute ermöglichen würde, sowie der beschränkten Mittel der BaL e.V. bleiben wir auf Interesse und Bereitschaft von WissenschaftlerInnen angewiesen, unter solchen Umständen ihre Fachkunde punktuell auch unentgeltlich in den Dienst dieses (potentiellen) Modellprojekts ökologisch nachhaltiger Stadtentwicklung zu stellen.
So gelang es bspw., den renommierten Fisch-Ökologen des IGB, Dr. Wolter, oder den Experten u.a. für Biber, Otter und Ufer-Renaturierung, Dipl.-Biol. Krauß, dafür zu gewinnen, für konkrete Abschnitte des LWK konkrete Aufwertungsvorschläge zu skizzieren, die, im AK Naturhaushalt präsentiert, bei WSA- und SenGUV-VertreterInnen auf reges Interesse stießen. Und hier muss der Senat in Gestalt von SenGUV federführend tätig werden, denn die Umsetzung der EU-WRRL obliegt nun mal den Ländern.
Steiniger Weg zur „grünen“ Ost-West-Magistrale
Ein weiterer integraler Bestandteil der zukunftsfähigen LWK-Gestaltung − von Tausenden von BürgerInnen buchstäblich unterschrieben − ist die Anlage eines kreuzungsfreien Ufer-Radwanderwegs. Nun gibt’s zwar einen Nationalen Radverkehrsplan 2002 – 2012, der u.a. die „Förderung des Radverkehrs als Bestandteil einer nachhaltigen integrierten Verkehrspolitik [und] einer modernen, sozial- und umweltverträglichen Nahmobilität nach dem Leitbild ‚Stadt der kurzen Wege‘ [sowie die] Verbesserung der Verkehrssicherheit“ vorsieht, es gibt dazu auch eine Bund-Länder-Kommission, allein SenStadt stemmt sich regelrecht gegen die Forderung, die Planung eines attraktiven, verkehrssicheren Radwanderweg entlang des LWK auch nur ins Auge zu fassen, obgleich doch oftmals die bereits vorhandenen Teilstücke nur verbunden und lediglich abschnittsweise völlig neu angelegt werden müssen, wobei im Kontext der Sanierung der Uferbefestigung vor allem die Möglichkeit von Brückenunterführungen zu prüfen ist. − Mittel aus dem Konjunkturpaket II, die bekanntlich auch für Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen bestimmt waren (und übrigens deutschlandweit nur zu beschämenden 13 Prozent in „grüne“ Infrastruktur fließen), gab’s schon gar nicht, doch auch durchaus vorhandene Finanzierungsmöglichkeiten aus Fördertöpfen auf Bundes- und EU-Ebene werden offenbar nicht einmal geprüft.
Der Beharrlichkeit der BürgervertreterInnen im Mediationsverfahren ist es zu danken, dass in der schon erwähnten AK-Sitzung der Leiter des Querschnittsreferats SW 24 (Stadtentwicklung und Verkehr/Radverkehr) im BMVBS, Ministerialrat Zielke, aus Sicht des Ministeriums über die Thematik Auskunft gab und im Übrigen das Projekt nachdrücklich befürwortete. − Sein Pendant auf Landesebene ließ sich leider kurzfristig entschuldigen und schickte auch keine(n) VertreterIn. Doch für Januar 2010 ist bereits ein Folgetreffen geplant, und wir hoffen unverdrossen, das Interesse der SenatsvertreterInnen doch noch wecken zu können. Am beliebtesten sind lt. Umfragen Radwege entlang von Wasserläufen, auch der Tourismus sollte bedacht werden, von der CO2-Einsparung gar nicht erst zu reden.
Grüne Wasserstraße
Entsprechende Ziele gilt es natürlich weiterhin auch bzgl. der Wasserstraße LWK zu verfolgen und ihre Sanierung so zu gestalten, dass sie eine überfällige Energiewende hin zu emissionsarm bzw. -frei bei Schiffs- und Bootsantrieben, individueller Freizeitnutzung wie des Individualtourismus auf dem Wasser befördert.
Zum Baugeschehen
Instandsetzung der Abbruchstelle
Vom WSA nachvollziehbar mit höchster Priorität versehen, war die dauerhafte Sanierungsvariante für den Riedel-Anleger nahe Kottbusser Brücke gewissermaßen isoliert schon vor nunmehr über einem Jahr beschlossen worden. [Die ja beileibe nicht nur von der (Bau-)Wirtschaft kritisierte „Verschleppung“ angeblich auch noch zur Gefahrenabwehr dringend notwendiger Maßnahmen war weder der Mediation noch gar der BürgerInnen-Beteiligung geschuldet!]
An der planerischen Gestaltung der Grundzüge dieser Variante hatten die BürgervertreterInnen entscheidenden Anteil. Die eigentliche Verspundung dieses Maybachufer-Abschnitts kann nach den sich unerwartet verkomplizierenden Zurüstungen nun erst 2010 beginnen, doch Transparenz, Information und Kommunikation im Hinblick aufs Mediationsforum und besonders die BürgervertreterInnen waren durchaus vorbildlich.
Schaffung behindertengerechter Anleger verlangt Einbeziehung Betroffener
Allzu forsch ging Riedel-Geschäftsführer Lutz Freise die Umsetzung der Forderung nach behindertengerechten Anlegestellen an, indem er schon entsprechende Anträge eingereicht hatte, bevor er noch die Planentwürfe, die ohne Beteiligung von AnwohnerInnen oder Betroffenen erstellt worden waren, den verdutzten Mitgliedern des AK Sanierung erstmals präsentierte.
Auf Intervention der BürgervertreterInnen wird nun allererst eine Machbarkeitsstudie geben, die unter Hinzuziehung der Behindertenbeauftragten und − angesichts des geplanten neunzig Meter langen Schiffsterminals inmitten eines bereits verkehrlich überlasteten Brennpunkts − AnwohnervertreterInnen die gesamte Kanallänge nach geeigneten Stellen für die Errichtung solcher Anlagen sondiert.
Teststrecke für innovative Technologie
Auf Betreiben der BürgervertreterInnen, welche die avancierte, besonders für harten Untergrund geeignete Verspundungstechnologie der Firma GIKEN, das sog. Crush Piling (Verpressen mit integrierter Bohrhilfe), aufgetan hatten, wurde am Paul-Lincke-Ufer bekanntlich eine Teststrecke dafür eingerichtet. − Die eigentlichen Arbeiten können freilich erst im Februar beginnen und Transparenz, Kommunikation und Kooperation von Seiten der Bauleitung lassen doch sehr zu wünschen übrig, wenngleich der sich aufdrängende Verdacht, ein Erfolg des Experiments werde aktiv hintertrieben, selbstredend als haltlos zurückgewiesen wird.
Dabei würde ein Gelingen die Möglichkeit eröffnen, die zum Ärger der dortigen Bezirksvertreter und AnwohnerInnen sowie zum Schaden der angepflockten Bäume seit letztem Winter darniederliegenden Arbeiten am Corneliusufer in Mitte mit der gleichen Technik kurzfristig doch noch fortzuführen und abzuschließen, so dass auch dort die Uferbäume von den Brockelmannschen Würfeln erlöst, diese weggeschafft und die Promenade spätestens im Frühsommer nach dann exakt drei Jahren wieder benutzbar sein könnte. − Nicht zuletzt aber ebnet eine Bewährung des Crush Pilers womöglich den Weg für eine noch weit avanciertere GIKEN-Technologie, den sog. Gyro Piler, der − jedenfalls nach Aussagen von Unternehmensvertreteren − zum Verspunden nur eine sehr geringe Arbeitshöhe benötigt und für den Einsatz unter überhängendem Baumbestand prädestiniert wäre.
Modellhaft baumschonende Verspundung am Tempelhofer Ufer
Den berühmten vier Linden, die es ohne die Besetzung durch BaumschützerInnen im Sommer 2007 längst nicht mehr gäbe, wurde beim Einbringen der Spundwand − was die versammelte Ingenieurskompetenz im Vorfeld für unmöglich erklärt hatte − kaum ein Ast gekrümmt und auch bei den ufernahen Weiden stromabwärts, die so etwas ungleich besser verkraften, hielten sich die Starkastschnitte in Grenzen.
Dieser beispielgebende Erfolg wurde jedoch dadurch möglich, dass infolge nachdrücklichen Insistierens des Vertrauensbaumsachverständigen der BI, des im Verfahren installierten „Bauleiter Baumschutz“, sowie deren VertreterInnen Wasserbau- und Baumpflegefirma simultan arbeiteten, wobei die Linden diesmal von Baumpflegern besetzt wurden und daraufhin in eng abgestimmter Kooperation mit dem die Stahlbohlen anreichenden Kranführer der Fa. Mette Wasserbau die sechs bis 8,50 Meter langen Teile bravourös durch die überhängenden Baumkronen gefädelt werden konnten. [Hier der Abschlussbericht Dr. Barsigs zu diesem wegweisenden Modellprojekt.]
Nicht zuletzt hier stellten Behörde wie Wasserbauer ihre Lernbereitschaft und -fähigkeit in punkto natur- und umweltverträgliches Vorgehen sowie BürgerInnen-Beteiligung beeindruckend unter Beweis.
In diesen Zusammenhang gehört auch eine lobende Erwähnung, wie das WSA in Gestalt seines ABZ Neukölln, in enger Kooperation mit dem Vertrauenssachverständigen der BürgervertreterInnen und BezirksvertreterInnen Kontrolle und Pflege des in WSA-Zuständigkeit stehenden Uferbaumbestands durchführt. − Eine entsprechende, leider immer noch ausstehende Regelung für die Behandlung jenes restlichen Dreiviertels des Baumbestands zu erzielen, der sich in der Obhut der Bezirke befindet, bleibt für uns ganz oben auf der Agenda!
Vorläufiges Fazit und Ausblick
Mediation als Instrument der BürgerInnen-Beteiligung
Nachhaltige Stadtentwicklung ist zuvörderst eine Kommunikationsaufgabe und bedarf dabei zielgruppenorientierter Strategien. Anlässlich der Bearbeitung der GIKEN-Teststrecke am Paul-Lincke-Ufer soll demgemäß im Laufe des nächsten Monats auch ein avanciertes Konzept von Öffentlichkeitsarbeit mit virtuellen wie konventionellen Medien und Methoden entwickelt und erprobt werden, das sowohl Informationen der Behörde als auch der verfahrensbeteiligten BürgerInnen − notwendigerweise in einem gewissen Spannungsverhältnis − integriert.
Diese Art von Öffentlichkeitsarbeit sollte idealiter in einen Dialog mit AnwohnerInnen und BesucherInnen münden, sie zur Artikulation von Wünschen, Vorschlägen und Kritik ermuntern und auf diese Weise zum einen die Basis der BürgerInnen-Beteiligung verbreitern und zum anderen ihren Niederschlag im sog. Herzstück des Mediationsverfahrens, dem aus der zweijährigen Interessensammlung destillierten, wiewohl prinzipiell unabgeschlossenen Kriterien-Katalog finden, woran sich künftig jede Sanierungsvariante und geplante Baumaßnahme [natürlich immer nur in den jeweils relevanten Aspekten] wird messen lassen müssen.
Wie angekündigt, werden BaL-Mitglieder, wie sie es in wärmerer Witterung ja schon freitags auf der Kottbusser Brücke getan haben, abwechselnd vor Ort Interessierten diesen „Piloten“ erläutern, gerne aber auch Erreichtes und (bislang) Verfehltes in den ersten Planungen und praktischen Umsetzungen dieses Jahrhundertprojekts überhaupt, und sich dabei auch in so etwas wie aktivierender Befragung versuchen. Was unseren Einsatz der digitalen Medien zum „kollaborativen Informationsmanagement“ angeht, so hätte einer wie Google-Chef Eric Schmidt angesichts des zumal zum Komplex LWK dürftigen Feedbacks diesen Blog nach spätestens drei Tagen eingestellt. Unsere Vorschläge, ein Web-Forum oder andere interaktive Features auf der Website des Mediationsverfahrens einzurichten, wurden jedoch bisher eher zurückhaltend aufgenommen.
Namens BI/Verein BaL sehen wir uns dennoch nach wie vor in der Pflicht, aus Sicht der beteiligten, seit nunmehr zweieinhalb Jahren mitarbeitenden BürgervertreterInnen dieses, ungeachtet seiner Mängel, sicher zukunftsweisende Verfahren zu dokumentieren und zu kommentieren.
Wir wünschen allen Mitgliedern, Beteiligten, UnterstützerInnen und LeserInnen
ein gesundes, erfolgreiches, produktiv unruhiges neues Jahr
mit maximal wirkungsvollem Engagement für eine ökologisch
(und erst damit auch ökonomisch!)
nachhaltige, sozialverträgliche Entwicklung unserer Stadt!
1 Auch um diese Taktik zu vereiteln, seien alle Interessierten herzlich zum regulären Treffen der AG Gleisdreieck am 6. Januar um 19 Uhr in die Wartenburgstraße 7 eingeladen!
2 Dort wurden letzte zusammenhängende Gehölze von denkmal-, touri- und kehrmaschinengerechten Wegen durchschnitten; Bezirksvertreter von Mitte, mit empörten Reaktionen von NaturschützerInnen und BürgervertreterInnen konfrontiert, raten, sich beim Senat und namentlich dem LDA zu bedanken. Unter- und übermalt wird der Feldzug wider die Stadtnatur dann von PR-Aktionen wie jener SenStadt–Wanderausstellung zum Thema Artensterben, die im Herbst auch im ehem. Rathaus Kreuzberg gastierte.
3 Wir möchten an dieser Stelle alle Interessierten zur Teilnahme an der Sitzung des Ausschusses Stadtplanung und Bauen (5.1.) und [Sitzung am 5.1. fällt aus!] Umwelt, Verkehr und Wohnen (19.1., 18:30 Uhr) im ehem. Rathaus Kreuzberg, Yorkstr. 4-11, einladen: Noch liegt die Tagesordnung nicht vor, aber es wird sowohl um den Görli als auch das Gleisdreieck (Ost- wie Westpark) gehen; eine deutliche BürgerInnen-Präsenz wird helfen, die „verwaltungstypischen Vorgänge“, die beide Vorhaben zum Nachteil für Erhalt unserer Stadtnatur und nachhaltige Grünflächengestaltung umranken, ein Stück weit transparenter zu machen.