Crush Piler kommt im Winter ans Paul-Lincke-Ufer

Verspundung in unmittelbarer Gebäude-Nähe (Aalborg, Dänemark) © GIKEN Europe
Am Montag (13.7.) hat die in der 17. Mediationsforumssitzung (6.7.) ad hoc geschaffene Arbeitsgruppe „Teststrecke Crush Piler“ einen ca. 75 Meter langen Abschnitt am Paul-Lincke-Ufer zwischen Thielen- und Hobrechtbrücke ausgewählt und festgelegt, um die innovativen Einbring-Methoden der Firma GIKEN Europe, die u.a. geringere Lärm- und Schadstoff-Emissionen, weniger Erschütterungen und eine kürzere Bauzeit versprechen, am Landwehrkanal einem Praxistest zu unterziehen. Heute (15.7.) soll die Strecke vor Ort markiert werden.
Auch andere technisch avancierte Systeme haben die Japaner, wie berichtet, in petto, was dieses Unternehmen nicht nur für die BürgervertreterInnen sehr interessant erscheinen lässt, nämlich ein Arbeiten unter geringen Arbeitshöhen (Gyro Piler), was unter den vielen landschaftsprägenden Baumkronen entlang des Kanals zum Zuge kommen könnte, sowie ein Arbeiten auf sehr beengtem Raum (GRB), d. h. die Firma kann auf unterschiedliche Rahmenbedingungen flexibel reagieren. − In der nächsten Wintersaison sollen dann verschiedene Einbringmöglichkeiten unter überhängenden Baumkronen getestet werden.
Enervierendes Gezerre um Beschlussvorlage
Auf der genannten Forumssitzung hatte das WSA die im „Arbeitskreis Sanierung“ noch einmütig verabschiedete Beschlussvorlage zur Erprobung dieser innovativen Verfahren an Maybach- und Corneliusufer durch die Forderung „Machbarkeitsstudie zur Baulogistik“ unterlaufen. Ein unabhängiges Ingenieurbüro, nämlich die Firma Emch + Berger, sollte vorab prüfen, ob GIKENs Equipment überhaupt durch den Kanal passe. Da solche Untersuchungen in aller Regel dem Auftragnehmer obliegen und er bei einem negativen Resultat am übernommenen Auftrag eben scheitert (mit allen Folgen für professionelle Reputation und Image), wurde diese WSA-Auflage ziemlich einhellig als überflüssig und von einigen schlicht als „Verhinderungsstudie“ bezeichnet.
Die Argumentation des WSA gipfelte schließlich darin, dass man im Interesse der Befreiung der Bäume von den Betonklötzen sicherstellen müsse, dass der Abschnitt 1 (Corneliusufer) − wo die Firma Mette, wie erinnerlich, auf unerwartet festen Untergrund „biss“ und auch Rammen der Spundbohlen nicht weiterhalf −, auf jeden Fall noch im kommenden Winter wasserseitig gesichert wird, was ein Scheitern des Tests vereiteln müsste. − Ferner wurden wettbewerbs- und vergaberechtliche Argumente ins Feld geführt.
Der Kompromiss

Teststrecke am Paul-Lincke-Ufer von hier...
Der angenommene Kompromissvorschlag der BürgervertreterInnen ging nun dahin, das kritische Corneliusufer wieder für den Wettbewerb freizugeben und stattdessen eine gesonderte Teststrecke für das GIKEN-Verfahren auszusuchen und zu beschließen. Das ist am vergangenen Montag erfolgt. Gleichwohl muss auch an Cornelius- und Maybachufer (Riedel-Anleger Kottbusser Brücke) für die bevorstehenden Ausschreibungen ein Verfahren für die Einbringung der Spundwände festgelegt werden. Die KMR und anschließenden zusätzlichen Bodensondierungen beginnen heute (15.7.), die Dalben sind bereits entfernt, aber die bislang verfügbaren Kennwerte deuteten ja schon darauf hin, dass hier die Bodenfestigkeit geringer ist und deswegen als Einbringverfahren normales Pressen ausgeschrieben werden kann. (Ein zweites Gespräch mit den beteiligten Behörden − WSA, SenGUV, LDA − und der „betroffenen“ Reederei Riedel Anfang August, dem nun auch die BürgervertreterInnen beiwohnen dürfen, kommt im Hinblick auf die auf zeitgleich terminierte Auftragsvergabe höchstwahrscheinlich zu spät.)
Ausschreibungen für Cornelius- und Maybachufer
Zunächst hatte das WSA, wie berichtet, am Corneliusufer das eher umständliche und zeitaufwendige verrohrte Bohren mit Bodenaustausch usw. als einzige Option gesehen und Mette mit Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts beauftragt. Erweiterte bodenkundliche Untersuchungen dort, aber auch am Tempelhofer Ufer haben inzwischen die ab sechs bis acht Metern Tiefe durchweg harten Mergel-Schichten bestätigt. Aufgrund der veränderten Randbedingungen / Einbringmethode sollen die Arbeiten zur wasserseitigen Sicherung der Ufermauer jedoch nur am Corneliusufer neu ausgeschrieben werden*. Und hier will das WSA zunächst weiter prüfen, ob und wie die bereits teilweise eingepressten Bohlen weiterzuverwenden sind und insbesondere, ob das Pressen mit integrierter Bohrhilfe (= Crush Piling) in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden kann. − Am Tempelhofer Ufer (Abschnitte 4 und 6 = jener mit den vier geretteten Linden) bleibt es indessen beim bisherigen Auftragnehmer, also Mette Wasserbau. − Nach wie vor wäre für uns interessant zu erfahren, ob GIKEN nicht auch hier baumfreundlichere Lösungen anzubieten hat.
Warum gerade dieser Abschnitt?

...bis dort.
Dass die ausgewählte Crush-Piler-Teststrecke, für die als Parameter u.a. eine starke Schädigung der Regelbauweise und hohe Bodenfestigkeit erfüllt sein mussten, in einem Abschnitt mit dichter Wohnbebauung, intensiver Freizeitnutzung (Boule-Platz) und nahe der KITA Pauli liegt, spricht nur auf den ersten Blick gegen sie, denn das Verfahren soll sich ja gerade unter solch typischen innerstädtischen Gegebenheiten bewähren. − Allerdings kommt es nun darauf an, diesen der BürgerInnen-Beteiligung zu verdankenden Testlauf durch Befragung der Betroffenen (also der AnwohnerInnen) gut vorzubereiten und zu begleiten.
Durchführungs- und Qualitätskontrolle unbedingt extern vergeben!
Die erwähnte Ingenieur-Firma Emch + Berger soll nun unterm Stichwort „Baustellenlogistik“ für die Bausaison im Winter die Arbeiten an den fünf verschiedenen Bauabschnitten koordinieren. Abgesehen davon ist jedoch eminent wichtig, dass Prüfung, Auswertung und Evaluierung des Crush-Piler-Tests von einem unabhängigen Ingenieurbüro vorgenommen wird und für einen sauberen Vergleich nicht zuletzt auch Zeit- und Kostenaufwand der bislang bewältigten ca. hundert Meter Spundwand dokumentiert und herangezogen werden, auf dass Vergleichbares verglichen und die Übertragbarkeit gewährleisten werde.
Unterschiedliche Baubevollmächtigte des WSA an den diversen Bauabschnitten sind jedenfalls kontraproduktiv. Durchführungskontrolle und anschließende Evaluierung sollten in einer Hand liegen, auch und gerade wenn es um die Ermittlung jener Ergebnisse geht, die wir innerhalb der Mediation für die Auswertung des Tests im Hinblick auf unseren Kriterien-Katalog benötigen! Weiterhin haben wir uns ausbedungen, dass dieser Abschnitt in der nächsten Wintersaison endgültig fertiggestellt wird.
* siehe auch den
16. WSA-Newsletter vom 10.7., wo sich übrigens der Fehlerteufel eingeschlichen hat, indem im Zusammenhang mit der weiteren Prüfung, wie mit den bereits eingepressten, aber nicht auf Endtiefe gebrachten Spundbohlen verfahren werden soll, nur von einer „temporären“ Lösung gesprochen wird, obwohl das Forum sie hier als Teil einer
endgültigen beschlossen hat! − Der Fehler soll im nächsten NL berichtigt werden.