Kahlschlag im Kleinen Tiergarten rückt näher!

Gastbeitrag

BVV Mitte lehnt Korrektur der Entwurfsplanung ab!

Blick zurück

In den letzten Monaten haben Anwohner, Bürger, Umweltverbände und Bürgerinitiativen Proteste und zahlreiche Initiativen zur Durchsetzung ihrer Forderungen für eine naturvertägliche Korrektur der Entwurfsplanung Kleiner Tiergarten östlicher Teil an die Entscheidungsträger des Aktiven Stadtzentrums (AZ) Turmstraße wie auch an das Bezirksamt Mitte und den Senat von Berlin gerichtet. Auf der Infoveranstaltung des Bezirksamtes am 24.7.2013 mit 100 TeilnehmerInnen gab es eine Protestaktion. Alle wichtigen Kritikpunkte und Forderungen wurden nochmals vorgetragen. Siehe Bericht im Blog der BI KTO und vgl. auch hier.

Rettet Bäume, Strächer und Hecken im KTO

Protest gegen KTO-Verunstaltung in der BVV Mitte am 19.9.13

Auch die Stadtteilvertretung AZ Turmstraße hat am 26.8.13 eine Reihe Forderungen für eine Korrektur der Parkplanung KTO Ost beschlossen. Da im Beirat des AZ Turmstraße am 11. September eine vollständige Ablehnung der Beschlüsse den Vertretern der Stadtteilvertretung mitgeteilt wurde, haben sich alle Akteure an die in der BVV Mitte vertretenen Fraktionen gewandt, um den Forderungen in der BVV Mitte doch noch zu einer Mehrheit zu verhelfen:

  1. Erhalt aller Bäume mit B- und C-Bewertung, die auf der Fällungsliste von 110 Bäumen stehen. Dies sind ca. 100 Bäume.
  2. Reduzierung der Sitzkieselplanung
  3. Erhalt des Diagonalweges auf der Großen Wiese
  4. Berücksichtigung des Bürgertreffpunktes Regenschutzhalle
  5. Berücksichtigung von 11 statt 3 Parkpflegebereiche
  6. Die Stadtteilvertretung AZ Turmstraße fordert das Bezirksamt Mitte auf, umgehend eine öffentliche gutachterliche Baumbegehung im Kleinen Tiergarten Östlicher Teil durchzuführen.

In der BVV-Sitzung am 22. August war bereits folgender erster Antrag der BVV-Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen „Entwurfsplanungen zur Umgestaltung des Kleinen Tiergarten Ost anhalten“ mit den Stimmen der CDU und SPD abgelehnt worden:

Das Bezirksamt wird ersucht, die derzeit laufenden Planungen zum Kleinen Tiergarten Ost zu unterbrechen, damit es möglich wird, wichtige Forderungen zu den Themen Erhalt von Hecken und Strauchbereichen, Wegeführung, Spielplatzverortung, Reduzierung der Sitzkiesel und Betoneinfassungen sowie zum Denkmalschutz zu berücksichtigen. Gleiches trifft für den Erhalt von wesentlich mehr Bäumen zu. Darüber hinaus sollten insgesamt 11 Parkpflegebereiche geschaffen werden. Das Bezirksamt wird weiterhin ersucht, während dieser Zeit die noch immer fehlende gutachterliche Baumbegehung zur Prüfung der für die Fällung vorgesehen 110 Bäume durchzuführen.

Da die Stadtteilvertretung die oben aufgelisteten sechs Beschlüsse vier Tage nach der erwähnten BVV-Ablehnung fasste, wurde nun versucht, daraus Einzelanträge zu jeweils konkreten Parkplanungsvorhaben zu formulieren und so schnell wie möglich noch in der September-Sitzung der BVV Mitte zur Abstimmung zu stellen.

Im Juli war schon ein Beginn der Ausführungsplanung (Feinplanung) zum 1. September angekündigt worden. Laut Auskunft im Beirat des AZ Turmstrasse am 11.9. wird es allerdings noch zwei bis vier Wochen dauern, da noch letzte Details für den fertigen Entwurfsplan zu klären seien. Dann werde nochmals ein neuer Plan veröffentlicht. Darüber wird es wohl Oktober werden − also noch Zeit, mit Unterstützung der BVV das Bezirksamt zur Berücksichtigung der Forderungen der Stadtteilvertretung zu bewegen. Wir haben vier der fünf in der BVV vertretenen Fraktionen aufgesucht und allen Fraktionen Vorschläge für Anträge in der BVV unterbreitet.

SPD verweigert das Gespräch

Vertreter der Stadtteilvertretung bedauern, dass die BVV-Fraktion der SPD in Mitte als einzige ein Gespräch in ihren Sitzungen (zuletzt am 16.9.) abgelehnt hat.

Nach mühsamen Abstimmungen einigte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf folgende zwei Anträge mit Dringlichkeit für die BVV-Sitzung am 19.9.:

Planungen zur Umgestaltung des Gartendenkmales Kleiner Tiergarten (Ost)

Das Bezirksamt wird ersucht, eine Weiterentwicklung der bis jetzt vorliegenden Entwurfsplanung zu verändern und auf die geplanten sechs zusätzlichen Öffnungen (Durchgänge) zur Straße Alt- Moabit zu verzichten.

Wertvolle Baumbestände erhalten!

Das Bezirksamt Mitte wird ersucht, bei der Entwurfsplanung Kleiner Tiergarten östlicher Teil den Erhalt der 40 Bäume mit B- Bewertung, die auf der Fällungsliste stehen, sicher zu stellen.

In der BVV wurde mit einem Spruchband: „Rettet die Bäume, Sträucher und Hecken im Kleinen Tiergarten“ demonstriert [s.o.], das rund zwei Stunden im Sitzungssaal aufgehängt werden konnte.

Gegen 22 Uhr wurden jedoch beide Anträge erneut mit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt, und zwar mit 24 gegen 21 Stimmen ohne auch nur einen einzigen Abweichler in den Reihen von SPD und CDU!

Zu verurteilen ist auch, dass von Seiten der SPD/CDU vier Anträge der Fraktion der Piraten im Ausschuss „Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen“ am 18.9. und in der BVV am 19.9. gar nicht erst zugelassen wurden und nicht auf die Tagesordnung kamen. Diese Anträge können wohl jetzt erst im nächsten Ausschuss und in der nächsten BVV behandelt werden. Sie lauten kurz zusammengefasst:

Antrag 1: Die Anzahl und Größe der geplanten Sitzkiesel ist zu reduzieren.

Antrag 2: Der Bürgertreffpunkt Regenschutzhalle wird in den Planungen weiterhin berücksichtigt

Antrag 3: Es sind weiterhin elf statt drei Parkpflegebereiche in den Planungen zu berücksichtigen

Antrag 4: Der Diagonalweg auf der großen Wiese ist zu erhalten.

Des weiteren gab es in der BVV am 19.9. eine Große Anfrage der Fraktion der Piraten zum Planungsstand Kleiner Tiergarten östlicher Teil. Bezirksstadtrat Carsten Spallek berichtete, dass das Landesdenkmalamt bzw. die Oberste Denkmalschutzbehörde noch keine Zustimmung zur vorliegenden Entwurfsplanung erteilt hat; dies werde aber in Kürze geschehen.

Erstes Resümee

Zum einen wurde versucht, rechtzeitig noch eine Korrektur der Parkplanung z.B. zur Rettung des wertvollen Baumbestandes durchzusetzen (vgl. 2800 Unterschriften und der einstimmige BVV-Beschluss vom 15.9.11 für ein Mediationsverfahren und Fäll-Moratorium kam damals zwei bis drei Monate zu spät, da die Aufträge schon vergeben waren).

Zum anderen sind die völlige Ignoranz gegenüber wichtigen Bürgerinteressen und pauschale Ablehnung der Forderungen durch das Bezirksamt Mitte und die BVV-Fraktionen von SPD und CDU aufs Schärfste zu verurteilen und nun Konsequenzen für die zukünftige Arbeit zu ziehen. Neu ist, dass auch das Bürgergremium Stadtteilvertretung (25 Personen) genauso ignoriert wurde wie zuvor die Berliner Umweltverbände NABU und BUND, die BIs KTO, Bürgerparkgruppe Moabit, Silberahorn Plus und andere.

Wenig überraschend gibt es bereits auch erste Anzeichen von Resignation: Die Bürgerparkgruppe Moabit z.B. wird im Herbst über ihr Parkpflegeangebot grundsätzlich entscheiden. Es gibt Stimmen, dies zurückzunehmen, wenn es nur ein paar kleine (Feigenblatt-)Pflegeflächen gibt.

Viele Hundert Stunden ehrenamtliche Arbeit in diesem Sommer werden von den politisch und planerisch Vantwortlichen missachtet!

Seit zwei Monaten führen Engagierte bereits Gespräche mit einzelnen Abgeordneten im Berliner Abgeordnetenhaus sowie mit Initiativen und den genannten Berliner Umweltverbänden, doch gibt es leider noch keine greifbaren Ergebnisse.

Persönliche Einschätzung

Eher bescheiden verlief nach meiner Meinung dieser Berliner Sommer für die verschiedensten Bewegungen in Sachen Proteste, Demos usw. gegen Gentrifizierung, Verdrängung und Freiraumzerstörung. Zwar sind größere Ereignisse im Herbst geplant, z.B. die Aktionsdemo Wem gehört Berlin? am 28.9. und das Volksbegehren 100 Prozent Tempelhofer Feld, doch  hoffen wir auch, dass sich im Frühjahr 2014 neue Möglichkeiten bieten, den Widerstand gegen den beabsichtigten Kahlschlag im Kleinen Tiergarten berlinweit bekannt zu machen und weitere Protestaktivitäten zu unternehmen, damit sich noch mehr Menschen hier und gegen die überall in der Stadt zu beobachtende Naturzerstörung engagieren.

Die Ottoparkzeitung gab es zum diesjährigen Turmstraßenfest in der 5. Ausgabe mit aktuellen Berichten zu Protesten und Forderungen zum KTO Ost. Die Beschlüsse der Stadtteilvertretung werden auf ihrer Website veröffentlicht.

Rudolf Blais

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