Nichts Neues aus der BVV
Kontraproduktive Abwarterei!
[Update 9.3.: Ein engagierter Anwohner Am Karlsbad hat dankenswerterweise anhand des neuen gesamtberliner Baumkatasters im Fis-Broker rekonstruiert, wie viele Bäume das Grünflächenamt von Mitte als „verkehrsgefährdender Aufwuchs“ hat fällen lassen: es waren 19, wovon drei auch noch auf Kreuzberger Gebiet standen. (Siehe hier.) Wir sind sehr gespannt, ob diese Belege den Bezirksverordneten endlich Handlungsbedarf gegenüber dem Bezirks- bzw. Grünflächenamt demonstrieren können.)]
Vor über einer Woche kündigte ein zuständiger Senatsmitarbeiter den Stapellauf des lange ersehnten Online-Baumkasters für Berlin an, dessen Launch nur deshalb hinausgezögert werde, weil die WSA-eigenen Bäume am LWK noch aufgenommen werden müssten. Doch nach wie vor finden wir nichts, was einem solchen Kataster ähnlich sähe, wobei eine Verzögerung angeblich durch die WSA-Bäume umso mehr verwundern muss, da doch auf Betreiben der Bürgervertreter*innen im Mediationsverfahren „Zukunft Landwehrkanal“ bereits ein aufwändiges Online-Kataster für den Baumbestand am LWK erstellt worden war. − Das aber ist aus unerfindlichen Gründen mit Hinweis auf das Senatskataster schon länger offline, als sei gerade bei diesem Senat nicht Abwarten der Lieferung angesagt…
[Update 7.3.: Heureka! Die ZÖB teilt mit, dass im Fis-Broker des Senats das gesamtberliner Baumkataster online ist, hier gleich ein Ausschnitt aus Kreuzberg. Bitte die Navigationsleite oben für die Detailangaben benutzen.]
Nur Grünen-Antwort auf Offenen Brief der BaL
So wird es eben besonders schwierig, nachträglich eine Gehölzwertermittlung für die gerodeten Bäume und Sträucher auf jenem Abschnitten an Schöneberger und Reichpietschufer anstellen zu lassen, um den Umfang der fälligen „Wiedergutmachung“ zu bestimmen. Ob wir uns nämlich unter diesen Umständen auf Angaben des Grünflächenamts Mitte verlassen können, scheint äußerst zweifelhaft, bedarf jedenfalls der Gegenprobe. Da seit dem Kahlschlag Wochen vergangen sind und nun mit dem 1. März die „Schonzeit für Bäume“ anbrach (was immer sie wert ist, wenn es den Bezirken gefällt, ihre Fälllisten abzuarbeiten oder Jahre alte Geh- oder Radwegschäden durch Baumwurzeln plötzlich als gemeingefährlich zu erkennen) und aus dem Bezirksamt Mitte wenn überhaupt etwas zur Sache, so reine Desinformation dringt (es sei nur „wilder Aufwuchs“ entfernt worden, beantwortete Baustadtrat Spallek eine reichlich unterkomplexe mündliche Anfragen einer Bezirksverordneten) −, während also die Zeit vertreicht, bis den Bezirksverordneten von Mitte (von den Abgeordneten im Landtag zu schweigen) das Politikum eines eklatanten Bruchs der Mediationsvereinbarung als solches bekannt wird, werden wir immer unruhiger, denn auch auf unseren Offenen Brief zu diesem Skandal an alle Fraktionen in der BVV antwortete einzig und allein die der Grünen und − mahnte zur Geduld: Erst solle Stadtrat Spalleks schriftliche Antwort auf jene unzureichende mündliche Anfrage abgewartet werden, um dann „richtig“ gegen ihn argumentieren zu können.
Als könnte diese Antwort irgendetwas daran ändern, dass vom Bezirk unterschriebene Vereinbarungen ja nicht nur mit den Bürgervertreter*innen, sondern auch mit all den anderen Stakeholdern am Kanal, ca. 25 an der Zahl, unverfroren gebrochen wurden, und zwar in einer Weise, die auch ohne jede Vereinbarung scharf zu kritisieren wäre: Weder wurde die Öffentlichkeit noch die BVV noch auch das WSA informiert, weder vorher noch nachher.
Wie gesagt, von den anderen Fraktionen kam gleich gar keine Reaktion, ja vom BVV-Büro nicht einmal die gewünschte Empfangsbestätigung. Auch die Lokalpresse zeigt kein Interesse, wahrscheinlich weil angesichts des auf allen Gebieten zu beobachtenden Verwaltungsversagens dieser Vorgang nur als minder schwerer Fall beurteilt werden kann.
Natürlich steht Mitte im Zentrum!
Wir sind kritisiert worden, weil wir es im letzten Beitrag unsererseits gegenüber dem WSA und seiner ZÖB getan hätten, wo es doch allein um ein Fehlverhalten des Bezirks Mitte gehe. Also über das Hauptziel unserer Kritik kann es wohl keinen Zweifel geben, aber vielleicht haben wir ja im Übrigen das Aufgabenspektrum der Zentralen Anlaufstelle Öffentlichkeitsarbeit noch immer nicht richtig verstanden, indem wir auch das Schweigen der ZÖB kritisierten, nachdem sie von uns über die Angelegenheit unterrichtet worden war.
ZÖB hat die Pflicht, über solche Geschehnisse zu informieren bzw. Infos zu multiplizieren!
Eine Informationspflicht im Falle einer solch krassen Nichtbeteiligung der Öffentlichkeit besteht in unseren Augen durchaus: wir können nicht am zehneinhalb Kilometer langen Gewässer auf und ab Patrouille fahren wie in jenen Tagen, als das WSA den gesamten Uferbaumbestand innerhalb von drei bzw. sogar fünf Metern zu fällen sich anschickte. − Die Beobachtung dieser Bundeswasserstraße obliegt in erster Linie ihrem Eigner, natürlich auch den Zuständigen der Anrainerbezirken für ihren Beritt, aber ganz sicher nicht den Bürger*innen zumal dort, wo es kaum Wohnbevölkerung gibt! (Übrigens erreichten uns dennoch Anrufe von Anwohnern Am Karlsbad!)
Verschleppung
Jedenfalls weckt die derzeitige Behandlung der Affäre den Eindruck, als solle abgewartet werden, bis buchstäblich Gras über die Sache gewachsen sei. Wir wollen aber nicht locker lassen, denn in der gegenwärtigen Krisensituation, wo der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nach seinem jahrelangen Leugnen offenbar wurde, scheint es jetzt um geradezu blindwütiges Betonieren zu gehen, ohne dass die Erkenntnisse der Stadtentwicklung im Klimawandel auch und gerade im Hinblick auf Förderung der Stadtnatur noch irgendeine Rolle spielten. Eine um die andere wohlklingende Strategie lässt der Senat auf Steuerzahler*innen-Kosten ausformulieren, in buntem Hochglanz verteilen, wortreich diskutieren und dann − in der untersten Schublade verschimmeln, wie es ein Abgeordneter ausdrückte.
Gerade wenn jede Baulücke geschlossen, jede Brache versiegelt wird, wächst der Wert wohnungsnaher, attraktiver, im Hinblick auf die steigende Durchschnittstemperatur sehr leicht sogar lebensnotwendige Grünflächen und Parkanlagen. Ferner geht es neben den ökologischen Serviceleistungen gerade von Altbäumen, auch um diese als Lebensraum und Habitat: nicht nur für gefährdete und stark gefährdete, sondern auch für Allerweltsarten, die gerade in den Großstädten Zuflucht und Asyl suchen vor einer Glyphosat getränkten, Umwelt und Landschaft zerstörenden und zugleich bekanntlich hochsubventionierten Agroindustrie .
Natürliche Vielfalt endlich verteidigen!
Gerade Berlin bot als „Kollateralnutzen“ des verlorenen heißen und der Jahrzehnte kalten Krieges hierfür lange günstigste Voraussetzungen, beherbergte dank unsanierter Kriegsschäden, ausgedehnter Bahn- und Industriebrachen sowie No-go-Areas als Folge der politischen Teilung eine enorm artenreiche urbane Natur. Vor einigen Tagen war Tag des Artenschutzes. Angesichts der ungebremst galoppierenden anthropogenen Artenvernichtung müsste jeder Tag einer des Artschutzes sein, sollten wir uns endlich der hohen Verantwortung inne werden, was gerade uns Großstädtern des globalen Nordens gut zu Gesicht stünde, die wir als gierige Nutznießer oft zweifelhafter zivilisatorischer Errungenschaften tendenziell mit überdurchschnittlich großen ökologischen Fußabdruck den Planeten zertrampeln.
Gegen Abwertung einer Kompensationsfläche!
Bei dieser Gelegenheit müssen wir einmal mehr auf das beklagenswerte Schicksal des Gleisdreieck hinweisen. Eines der Baufelder, die seinerzeit die Vivico dem Senat abfeilschte und von der Ausgleichs-Grünfläche abzwackte, mit dem vielsagenden Namen „Urbane Mitte“ soll bis zum Anschlag baulich genutzt und als Kerngebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zum ohnehin grandios über-gestalteten und an seinem nördlichen Ende eh schon durch die sog. Flottwellpromenade eingeschnürten Gleisdreieckparks bei einer GFZ von 3,5 mit einer ganzen Reihe über dreißigstöckiger Hochbauten geziert werden, Sie nähmen dem angrenzenden Parkzipfel dann auch vormittags die Sonne, zögen in ihrer phantasielos-hässlichen Einheitsklobigkeit und ein die Moderne evozierendes Sklyline-Klischee bestimmt keine Tourist*innen anzögen. Franz Schulz, der zu unserem Verdruss – denn es ging um Fällung störender Bäume – von den großartigen Sichtachsen auf dem Gleisdreieck schwärmte, dürfte ebenfalls entsetzt sein.
Gegen Beeinträchtigung von Lebensqualität und Landschaftsbild!
Bis Dienstag, 15. März, liegen die verschieden grässlichen Entwürfe der sog. „Konsenskonzeption“ noch im Rathaus Kreuzberg aus. Einwände können vor Ort, aber auch online bzw. ausgedruckt per Post eingereicht werden, denn die während des „Beteiligungsprozesses“ wurden rigoros rauszensiert. Wir freuen uns, dass wir bzgl. des Beschlusses der Mediationsvereinbarung wegen der einen Gegenstimme immer von „qualifiziertem“ Konsens gesprochen haben, weswegen wir verschiedentlich kritisiert wurden. Bei der „Urbanen Mitte“ aber vielen alle Gegenstimmen durch den Rost.
robert brandeis said,
9. März, 2016 um 11:12
Leute, lasst euch nicht vertrösten! Das geht dann wie beim BER!
Fordert Akteneinsicht nach dem Berliner Informationsfreiheitgesetz (googeln) dann habt ihr die Fakten und könnt gezielter nachfragen!
Mut! Handeln!
Gruß
Rudolf