Eine vertane Chance

…wenn auch anders, als ein Staatssekretär meint!

Die nächste Provokation

Das Setting in der jüngsten Einwohnerversammlung zum Görlitzer Problempark im Chip-Jugendclub hätte zumal in Xberg verfehlter kaum sein können. Wenn BVV-Vorsteherin Kristine Jaath in ihrem Eingangstatement von den sich überlagernden verschiedenen Problemlagen sprach, die über Park, Bezirk und Land hinausweisen würden und von ganz unterschiedlichen Nutzungskonflikten je nach Interessen und Bedürfnissen, dann schien darin schon die hoffnungslose Einseitigkeit und Unterkomplexität der Podiumsbesetzung auf. [Auch der folgende Beitrag muss den Stadtnaturschutz im engeren Sinn zugunsten einer sozial-ökologischen Betrachtung ausweiten.]

BM Herrmann, Stephan Weis

StR P. Beckers, BM M. Herrmann, Leiter Polizeidir. Abs. 5, S. Weis, StS B. Krömer (v.l.n.r.)

Es fehlten VertreterInnen der NutzerInnen, der Naturschutzverbände, Flüchtlingsbeauftragte, vor allem aber VertreterInnen der Geflüchteten selbst, und die völlig willkürlich ausgewählten sogenannten KiezakteurInnen, von denen niemand was mit Naturschutz am Hut hatte und von denen also mindestens zwei aufs Podium gehört hätten, mussten aus dem von Anbeginn auch wegen dieser eindimensionalen Ausrichtung unruhigen Publikum, am Saalmikrofon unter hohem Zeitdruck ihre Einschätzung der Lage herunterhaspeln. (Für die Wortmeldungen, außer es handelte sich um AmtsträgerInnen, wurden nur ganze neunzig Sekunden bewilligt, den Geflüchteten, die mit sprachlichen Problemen zu kämpfen hatten, allerdings huldvoll auch mal fünf Minuten gewährt.)

Nach allen Seiten offen?

Vielleicht auch, um Anschlussfähigkeit an die extreme Mitte der Gesellschaft zu signalisieren, war der Sicherheits- und Ordnungsaspekt auf dem Podium eindeutig überrepräsentiert und neben der einladenden BVV-Sprecherin aus der Politik von der Verwaltung außer der Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) nur der u.a. für die öffentliche Ordnung, aber eben nicht für Stadtentwicklung und -grün zuständige Stadtrat Peter Becker (SPD) zugegen. Soll also mit solcher ordnungspolitischen Sichtweise, wie auch in anderen Stadtbezirken zu beobachten, in der Grünanlagengestaltung ein uniformer Weg beschritten werden, mit viel Transparenz, sozialer Kontrolle und Liegewiese, mit allerhand Parkmöbeln und „Spielangeboten“, immer einem wie von PR-Agenturen synthetisierten Leitbild schnieker Urbanität mit viel „Inszenierung“ hinterher –, und all dies unter grüner Regie?

Wo Selbstverwaltung und Freiräume besetzen Tradition haben, die Freiflächengestaltung und -unterhaltung im eklatanten Bruch von BürgerInnen gemachten gegenteiligen Zusagen und deshalb noch dazu in vorauseilendem Gehorsam ausgerechnet nach polizeilichen Kriterien vorzunehmen, ist, neben dem gleich mehrfachen Wortbruch und neben dem trotzigen Eingeständnis nie und nimmer vorhandener gleicher Augenhöhe, geradezu ein Paradigma von Fremdbestimmung, ein sprachlos machendes Armutszeugnis, was die Sache − naturnahe Parkgestaltung und -pflege – wie auch das Verfahren – inkludierende Partizipation − betrifft, ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich seit vielen Jahren schon eingebracht haben und sich trotz aller Enttäuschungen weiter einbringen wollten, aber als gebrannte Kinder sehr skeptisch waren, ob nicht das, was sie in ihrer Freizeit anlegen und pflegen, wenn sie ihrem Broterwerb nachgingen, unversehens wieder niedergemäht würde −, z.B. infolge der berüchtigten internen Kommunikationspannen.

AnwohnerInnen

AnwohnerInnen, Bezirksverordnete, Abgeordnete, vorne BM Herrmann, BezStR Beckers

Mehrfacher Wort- und Vertrauensbruch

So war es nicht leicht, solche Leute zu überzeugen; deswegen gab es dieses förmliche Versprechen, niemals in größerem Umfang zu schneiden, ohne wenigstens vorab darüber zu informieren. Man hätte es schriftlich fixieren sollen (das ist in Protokollen sicher geschehen), vor allem aber notariell beglaubigen lassen müssen, was natürlich Nonsens ist. Aber welche Verbindlichkeit bekommt einE sich EngagierendeR statt dessen?

Es wird einfach totgeschwiegen, dass der Baustadtrat seinerzeit vor einem Dutzend ZeugInnen empört von sich wies, sich jemals vom Senat oder gar der Polizei in die Grünflächengestaltung und -pflege reinreden zu lassen. Und er tat dies in Gegenwart von Menschen, die nun verständlicherweise außer sich sind, zumal nicht zum ersten Mal von der Kommunalpolitik düpiert (und die nun mit vordemokratischer Vokabel als „Pöbel“ aus der guten Zivilgesellschaft ausgegrenzt werden. Die völlig überforderte Moderatorin ließ sogar darüber abstimmen, ob der anwesende Sicherheitsdienst die „Störer“ hinaus begleiten solle. (Draußen in Manteuffel-, Mariannen- oder Lausitzer Straßen wartete so manche Wanne, deren Besatzung sie in Empfang genommen hätte. Was das wieder gekostet hat?!) Von etwa 250 meldeten sich vielleicht fünf). [rbb will sogar niemand gesehen haben.]

Zum massiven Vertrauensbruch blieb die Bürgermeisterin und der hier auch gar nicht involvierte Stadtrat Becker auch diesmal jede Einlassung schuldig. Die Verwaltung, so wurde zum soundovielten Male verdeutlicht, braucht ihr Handeln gegenüber BürgerInnen nicht zu rechtfertigen, nimmt sie gar nicht ernst, so albern klingen die ihnen aufgetischen Lügen.

Law and Order in der Grünpflege

Jetzt öffentlich zu sagen, Sicherheit sei neben Ökologie oberstes Gebot gewesen im mit nicht wenig Steuergeld erstellten Parkpflegewerk, ist eine kühne Behauptung, von der in den Arbeitsgruppen jedenfalls nie die Rede war. Sicherheit ist mitnichten „oberstes“ Gebot: weder in einer offenen Gesellschaft überhaupt noch im Stadtnaturschutz noch bei ökologischer Parkpflege!

Mag man sich offiziell nicht mehr daran erinnern, weil nichts hinten raus kam, um mit Kohl zu reden? Unmöglich kann es doch so schwer einzusehen sein, dass die Probleme schneller wuchsen als die vielen kreativen Lösungsvorschläge umgesetzt werden konnten, dass neben den Touristen- auch die Geflüchtetenzahlen sprunghaft stiegen (auch wenn die BRD nur einen winzigen Bruchteil der fünfzig Millionen weltweit aus ihrer Heimat Vertriebenen aufnimmt), nicht zuletzt, weil es an den Finanzen für echte, also entscheidungsrelevante Beteiligungsverfahren notorisch hapert, so dass sogar solche Menschen, die sonst regulär damit ihr Brot verdienen, sich angesichts der vielen ehrenamtlich geleisteten Arbeit zu eigener angespornt fühlten!

Schwarze Dealer − weiße Frau und Kinder

Becker, Herrmann, Mod., Weis

Beckers, Herrmann, Moderatorin, Weis

Mit den ewig gleichen Anekdoten und Stereotypen von angesprochenen Kindern, auf Spielplätzen entdeckten Spritzen, angegrapschten und bis in die Hauseingänge verfolgten Frauen etc.pp. − Berichte von Vorfällen, die es (jedenfalls, was die beiden Letztgenannten betrifft) selbstverständlich gibt, gegeben hat und bei der herrschenden Politik und Denke leider auch noch länger geben wird, die aber rein gar nichts mit einem bestimmten Park, seiner Gestaltung und Pflege zu tun haben, deshalb über diese auch nicht gelöst werden können bzw. der Park  für ihre mehr als zweifelhafte Prävention völlig sinnfrei büßen muss; die im Übrigen längst nicht nur in der Großstadt vorkommen und hier bei weitem nicht nur in öffentlichen Anlagen −, mit diesen absolut kritikwürdigen, aber populistisch zum Dreh- und Angelpunkt aufgebauschten Vorfällen soll Stimmung für „radikale Maßnahmen“ gemacht werden.

Argumentation mit Stimmungen und Befindlichkeiten

Hier wäre wirklich zu begrüßen, wenigstens mal mit „statistischen Belegen“ versorgt zu werden, die diese diffusen Bedrohungsängste stützen können. Auch ist mal ein Besuchermonitoring vorzuschlagen, am besten von einer externen Einrichtung (was natürlich wieder kostet!), denn es ist einfach nicht wahr, dass Kinder den Park meiden, wenn es ihre Eltern nicht tun, wovon man sich in der warmen Jahreszeit oder wenn Schnee auf den kleinen Hängen liegt, doch tagtäglich überzeugen kann. Kinderläden der Umgebung machen nach wie vor Ausflüge in den Görli, und ErzieherInnen − Einzelfall gegen Einzelfall − haben jedenfalls uns bislang noch nicht berichtet, dass ihre Schützlinge von schwarzen Männern wegen Gras angesprochen worden wären, wie wir auch noch nie von aus dem Görli bis in Hauseingänge verfolgten Frauen gehört haben. [Allerdings sprach schon Antje Kapek, Fraktionssprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus und damals in gleicher Funktion in Xhains BVV vor vielen Jahren von „Angsträumen“ im Görli, die ihr das Joggen verleideten.] Wir brauchen endlich eine tragfähige Definition von Angstraum, sonst müssen wir noch wegen z.B. der Agoraphobie alle Plätze zubauen.

Vom Jahrzehnte kolportierten Hirnriss, wonach das Angebot die Nachfrage, der Dealer die DrogenkonsumentInnen schafft, setzen wir uns nicht auseinander, wollen aber darauf hinweisen, dass manche Schwarze, wie nur allzu leicht nachvollziehbar, ein Alkoholproblem entwickelt haben, dass sich in einem ganz ähnlichen Verhalten äußert wie bei Weißen.

Kurz, jene kritikwürdigen sexistischen Handlungsweisen junger Männer in einer nach wie vor zu großen Teilen patriarchalen, seit einigen Jahrzehnten aber auch immer stärker nach buchstäblich unmenschlichen, nämlich marktförmigen, renditeorientierten Kriterien organisierten Gesellschaft haben nur zufällig und ganz äußerlich was mit einer bestimmten Parkanlage zu tun. Sie werden bekanntlich auch in hellem Licht mitten unter Menschen verübt (wie oft, ohne dass jemand helfend eingriffe!). Diesen Symptomen einer kranken Gesellschaft ist gewiss nicht durch Zerstörung der Örtlichkeiten ihres Auftretens beizukommen. Solche Übergriffe aber ausgerechnet in Berlin, ja in Kreuzberg a priori (ja, vielleicht ungewollt, aber äußerst Empathie-arm!) nach den nun hofierten türkischen Migranten mit einer anderen Menschengruppe zu assoziieren, ist schlicht unerträglich!

Zudem dürfen wir die ohnehin hohen anthropogenen Belastungen ausgesetzte und uns dennoch generös mit Sauerstoff, gereinigter Luft, gefiltertem Wasser, lokaler Kühlung etc.pp. versorgende äußere Natur nicht über Gebühr nach dem Bild unserer kranken inneren zurecht schneiden und stutzen, schon weil nicht von der Hand zu weisen ist, dass das Erleben sich selbständig entwickelnder Natur gerade in einer sich verstädternden Welt unserer und nicht zu vergessen unserer Nachkommen Gesundung nur dienlich sein kann. Es fiel stark auf, dass vom Görli weitestgehend wie von einer Freizeiteinrichtung gesprochen wurde − ein Anwohner sagte gar: „Das Parkpflegewerk ist mir scheißegal“ − und die Zusammenhänge zwischen ökologischer und sozialer Dimension völlig übersehen werden, aber wir können diese Erkenntnis doch nicht deswegen über Bord werfen, weil sie trotz aller wissenschaftlichen Aufklärung so wenig AnhängerInnen findet und mittlerweile auch von früheren zunehmend verlassen wird. Ich kann mich bei Ökologie, Natur- und Artenschutz jedoch nicht von Stimmungen und Meinungsbildern leiten lassen, insbesondere nicht in Zeiten, in denen es für rettendes Umsteuern vielleicht schon zu spät ist.

Rote Tücher

Und dann einen Menschen wie Polizei-Staatssekretär Krömer, vom lokal leitenden Ordnungshüter flankiert, in eine Einwohnerversammlung zu laden und auf dem Podium zu platzieren, also einem Mitglied der von Innensenator Henkel eingerichteten Taskforce, der von Zero Tolerance– und drogenfreien Zonen bramarbasiert – also von schon tausendfach gescheiterten Methoden und verfehlten „Zielen“ – und zugleich die politisch gewollte Alternativlosigkeit für Geflüchtete und Asylsuchende, ihr Existenzminimum in einem der reichsten Länder der Erde illegal, eben durch Kleindealerei alltäglich und buchstäblich erkämpfen zu müssen (die Großdealer sind in aller Regel Biodeutsche!), zum xten Mal einfach zu beschweigen, zeugt schon von grandioser Instinktlosigkeit!

Und unter die drei Hauptaufgaben besagter Taskforce zählt, wie ein „Pöbler“ dankenswerterweise zitierte, neben dem BTM-Gesetz und der Prävention die „Verfolgung ausländerrechtlicher Straftaten“, also die Durchsetzung der Residenzpflicht, sprich: Exklusion und Abschiebung der betreffenden Asylsuchenden zunächst mal ins ihnen zugewiesene Bundesland.

Presse + Protest

Kiez-Akteurin, Presse und Protest

Als würden diese vielfach traumatisierten und um ihre grundlegenden Rechte betrogenen Menschen, deren Flucht aus unerträglichen Lebensumständen in den mit unserer emsigen Beihilfe militärisch und/oder ökonomisch zerstörten Ökonomien Schwarzafrikas, nach unsäglichen Strapazen durch Wüste, über Hightech-Grenzen und schließlich das nasse Massengrab Mittelmeer wider Erwarten geglückt ist, die sich aber angesichts erneut unzumutbarer Lebensumstände im „Erstaufnahmeland“ des Friedensnobelpreisträgers EU irgendwie weiter und noch bis Deutschland durchschlagen konnten – vogelfrei für Frontex, Zoll und Polizei – , sich nun freiwillig, aus purem Spaß an der Freud, bei Wind und Wetter, zu jeder Tages- und Nachtzeit für kaum fünfzig Euro täglichen Reinverdiensts Stunde um Stunde im Görli, in der Hasenheide, am Görlitzer Bahnhof, auf dem RAW-Gelände und anderswo rechtlos allen Schikanen ausgesetzt die Beine in den Bauch stehen!

Kein Recht auf Vergessen!

Wer glaubt, die viehische Behandlung und Leidensgeschichte derer, die durch ihren langen Marsch von Würzburg nach Berlin, durch Hungerstreiks bei Minusgraden, als ihnen die Polizei die Schlafsäcke nahm, und Besetzungen von Plätzen und Gebäuden auf ihr Flüchtlingselend aufmerksam machen wollten, nur um sich, wie vielfach belegt, zum allergrößten Teil politisch austricksen und über den Tisch ziehen zu lassen, derweil das sog. Asylrecht mit der Stimme eines grünen Ministerpräsidenten nur noch weiter ausgehöhlt wurde –, all das sei schon wieder vergessen und der in diesem Land grassierenden politischen Amnesie anheim gefallen, der irrt ganz gewaltig!

Die vorwiegend (aber natürlich nicht durchweg) schwarzen Dealer standen übrigens auch schon früher im Görli, wenngleich in deutlich geringerer Zahl, und wurden schon damals als Gefahr für unsere Frauen und Kinder dämonisiert. Am Saal-Mikrofon skandieren Afrikaner aus Rwanda, dem Tschad oder Guinea-Bissao bekannten den volkstümlichen Kinderspruch, und einer bricht darüber in Tränen aus.

Nach Aufforderung eines Geflüchteten folgt eine bewegende Schweigeminute für Sista Mimi, die nach einem Leben auf der Flucht Ende letzten Jahres mit 36 starb.

Eine Anwohnerin berichtete von gemeinsamen Projekten mit afrikanischen Flüchtlingen, von Sprachkurs bis handwerklicher Betätigung, und fragte die AktivistInnen mit unausgesprochenem Vorwurf, warum sie sich nicht mal bei so etwas einbrächten, aber angesichts des allzeit zu gewärtigenden willkürlichen Verwaltungshandeln mit turnusmäßigem Brechen von Absprachen beantwortet sich diese Frage eigentlich von selbst. Vor allem aber haben gerade jetzt verteufelte Aktivistinnen von Anbeginn des Beteiligungsneustarts 2012 auf ein inkludierendes Konzept, auf einen „Görli für Alle“, auch für Geflüchtete, Obdachlose und Dealer gedrungen. Dealer halfen auch bei der Parkpflege mit und wässerten Blühpflanzen im Schmuckgarten besonders während Trockenphasen. Es hat ihnen nichts genützt.

Bernd Krömer

Bernd Krömer

Die Sprachbarrieren hinderten die Geflüchteten daran, von der allgegenwärtigen Drangsalierung, von Racial Profiling, Polizeigewalt und -diebstählen zu berichten, die ihren Alltag zur Hölle machen. Eine AnwohnerIn fragte rhetorisch, wie es diese Verantwortlichen und Entscheider da vorne auf dem Podium nur allmorgendlich schaffen würden, in den Spiegel zu blicken. Bernd Krömer starrte mit seiner arrogant-maliziösen Grinse unentwegt aufs Smartphone. Es war wirklich hohe Zeit, dass dieser Politiker, der in seiner Zeit als Tempelhof-Schöneberger Baustadtrat von der BVV zu jedem Beteiligungsverfahren umständlich gezwungen werden musste und so gerne BürgerInnen den Mund verbot, nun mal in eine ähnliche Lage gebracht wurde.

Die Chance, nach dem obrigkeitsstaatlichen Alleingang des Bezirks, über Lösungsvorschläge für die vielschichtigen Probleme im Görli, die sich, wie gesagt, nicht im Dealen erschöpfen, zum xten Mal zu erörtern, wurde also durch die schiere Anwesenheit dieser Reizfiguren tatsächlich erneut vertan wie es in der vorangegangenen Veranstaltung am 5.2. zum desavouierten Gutachter-Team und dessen Parkpflegewerk die aufreizende Selbstgerechtigkeit des Baustadtrats schaffte, mit wissentlichen Falschbehauptungen seiner Untergebenen.

Die Verwaltung macht keine Fehler, gebraucht abwechselnd Zuckerbrot (Beteiligung) und Peitsche (aktionistische Naturzerstörung, Razzia und Repression in Permanenz) und salbadert dann wieder von Chancen demokratisch-diskursiven Dialogs.

Nichts gelernt!

Im sechseinhalbjährigen Mediationsverfahren „Zukunft Landwehrkanal“ machten die VerwaltungsvertreterInnen F’hain-Kreuzbergs aus der Perspektive der BürgervertreterInnen zumeist eine gute Figur, aber es geht da ja um eine Bundeswasserstraße und die Auseinandersetzung mit rot-schwarz geführten Bundesbehörden. Doch kaum geht es um Gehölzpflege und die Unterhaltung bezirkseigener Uferabschnitte, kommt es seit je zu Reibungen, denn die Maßnahmen wurden weder abgestimmt noch angekündigt noch fachgerecht und gemäß Unterhaltungsplan durchgeführt. Der Bezirk nimmt nicht an der sog. Abstimmungsfahrt teil, weil er die Einladung versehentlich „verlegt“ hat.

Aber das komplexe Verfahren hat Maßstäbe gesetzt, und so sollte auch im Bezirk in punkto Görli ein neues Kapitel in Bürgerbeteiligung aufgeschlagen werden. Für das sehr bewusst so bezeichnete Projekt „Unser Görli − einer für alle“ wurden zwei Aktive in einem Modellprojekt vom Bezirk mehr schlecht als recht bezahlt, gerieten dennoch zwischen Baum und Borke, und als dann schließlich auch noch das bisschen Lohn nicht mehr gesichert war, warfen sie enerviert hin. Die Idee des partizipativen und ökologischen Parkpflegewerks aber stammt von ihnen und − kostete mit Sicherheit ein Mehrfaches dessen, was ihnen und dem besagten Projekt zugestanden wurde. Ausgerechnet sie, die mit am engsten und  theoretisch wie praktischin in die Problematik des Görli eingeweiht, kamen merkürdigerweise nicht als „Kiezakteure“ zu Wort.

Auch die weithin anerkannte Arbeit des Vereins Joliba ist finanziell nicht gesichert − Katharina Oguntoye: „Wie soll ich denn im Park arbeiten, wenn mir keiner Geld dafür gibt?“ − und eine Akteurin nutzte die Gelegenheit, mehr Geld für Jugendhilfe und inklusive Projekte von Bezirk und Land zu fordern. Vage stellte die Bürgermeisterin Zuwendungen in Aussicht, auch für Park Walker und Worker, aber die Frage, wie es mit der Beteiligung in F’hain-Kreuzberg überhaupt weitergehen soll, wurde lieber gar nicht erst aufgeworfen.

Einseitiger Abbruch eines Beteiligungsprozesses

In sechs Arbeitsgruppen, an welchem Prozess sich natürlich nicht ein einziges Mitglied der Law&Order-„Mehrheitsfraktion“, keine einzige Sicherheitshysterikerin und überhaupt nur ein verschwindender Teil der ca. 30.000 Menschen im Einzugsbereich des Parks (und auch des immerhin zwei- bis dreihundertköpfigen Auditoriums am 19.2. im Chip) beteiligte, wurde 2013/14 der Rahmen abgesteckt, anschließend von BiologInnen und Bodenkundlern Untersuchungen und Kartierung zu Boden, Biotopen, Flora und Fauna vorgenommen, darauf das Pflegewerk mit Zielkonzeption und Maßnahmenkatalog entworfen, und dieser Entwurf stand kurz vor seiner öffentlichen Präsentation [steht er übrigens noch immer, wir können ihn jedenfalls nirgens finden und sind für Hinweise dankbar] −, da stach bekanntlich der Wirt einer Shisha-Bar nahe Görlitzer Bahnhof zwei mutmaßliche Dealer nieder, weil sie angeblich seine Geschäfte schädigten, und infolge dieser dreihundert Meter entfernt begangenen Tat avancierte der Görli endgültig zum „Kriminalitätsbrennpunkt“; die Gewaltvorfälle in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule, in der manche Dealer haus(t)en, spielte auch noch mit rein, und jählings war all das, was sich nur in Kontinuität bewähren kann, samt Beteiligung und ehrenamtlich geleisteter Arbeit, Schnee von gestern. [Es ist uns durchaus noch erinnerlich, das wir das alles bereits darlegten, aber die Skizzierung dieser doch relativ leicht nachvollziehbaren Abfolge will einfach nicht rüberkommen.]

Folgenschwere Symbolpolitik

Vielmehr galt und gilt jetzt, auch auf lokaler Ebene von den Symptomen einer gescheiterter Drogen-, Flüchtlings- und Sozialpolitik abzulenken und gegenüber der vehementen Kritik von Stammtisch und Boulevard an der angeblichen grünen Politikunfähigkeit und vom Görli in die Hauptstadt ausstrahlenden Anarchie Handlungsfähigkeit und Führungsstärke zu beweisen, indem wehrlose Natur willkürlich und unfachgerecht gekappt wurde, ohne die aus öffentlichen Mitteln gut bezahlten Fachleute zu konsultieren oder auch nur zu informieren [nie und nimmer hätten sie ihre Zustimmung gegeben, und dieser Umgang mit Steuermitteln und öffentlichem Eigentum müsste doch in irgendeiner Form zu ahnden sein!] −, von Anwohner- und AkteurInnen ganz zu schweigen. Dass primär solch ein Vorgehen das Kind vollends in den Brunnen warf, wird geflissentlich verschwiegen, im Zentrum des Desasters gähnt ein schwarzes Loch, aus dem nur noch Überdruss steigt.

Tendenziöse Berichterstattung

In den zahlreichen Medienberichten über die Veranstaltung vom 19.2. wird wieder und wieder beklagt, dass abweichende Meinungen vom Demokratie- und Diskurs-unfähigen „Pöbel“ niedergebrüllt worden wären. So viele in der Grundtendenz abweichende Meinungen gab es jedoch gar nicht. Niedergebrüllt wurden erwartungsgemäß vor allem jene, die schon eine Verbesserung der Lage wahrgenommen haben wollten, den eingeschlagenen Weg deshalb befürworteten, also die „Lösung“ politischer Probleme mit Repression und noch mehr Repression, mit Polizei und Kettensäge. Niedergebrüllt wurden mithin die ProtagonistInnen dieser brachialen, Kreuzbergs und der Grünen unwürdigen Repressionspolitik. Die Äußerungen jener, die zu bedenken gaben, dass sie sich erst jetzt wirklich unsicher fühlten, wo ihnen allerorten im Park eine Phalanx sogenannter Ordnungskräfte entgegen marschiert, oder die − offensichtlich noch immer geschockt − ihre Beobachtungen konkreter Polizeigewalt beschrieben und sich um deren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche sorgten, wurden, wie auch die Beiträge der Refugees, mit anhaltendem Beifall bedacht, fanden ihren Weg dagegen nicht in die aktuelle Berichterstattung. Nicht ein einziges Beispiel seltsamerweise. Nur brüllender Pöbel und niedergebrüllte Demokraten.

Vorsichtige Distanzierung

Herrmann, Mod., Weis, Kroemer

BM Herrmann, Mod., Ltd. Polizist Weis, StS Krömer

Inzwischen distanziert sich freilich auch Bürgermeisterin Monika Herrmann selbst von immer mehr [und teuren] Polizeieinsätzen: sie könnten nicht die Lösung sein (was ihr untergeordnete Polizeibeamte gern bestätigen). – Wenn überhaupt, werden die Dealer Richtung Schlesischen Busch und Treptow verdrängt, so dass auch dieser Bezirk schon seine Absicht kundtat, den ehemaligen Bahndamm ebenfalls gründlich auszulichten. − Oder die Geschäfte werden in Seitenstraßen, Hauseingängen und Hinterhöfen abgewickelt, wo nicht selten nur das Geld, aber nicht die Ware den Besitzer wechselt und wovor ausgerechnet die Polizei selbst in skurrilen Handzetteln warnt. (Wie umstritten die Maßnahmen gegen Cannabis im Allgemeinen und im Görli im Besonderen innerhalb der Polizei selbst sind, stand ebenfalls schon in der Zeitung.)

Und was den stellenweisen Kahlschlag im Park angehe, so wachse im Frühjahr doch alles wieder. Ähnliches hatte schon der Baustadtrat prophezeit, womit beide bloß unterstreichen, dass sie von Natur im Allgemeinen und Stadtnatur im Besonderen nicht viel Ahnung haben.

Die Beteiligungsbereitschaft im und für den Görli wächst auf alle Fälle ganz gewiss nicht von allein und so schnell wieder nach. Aber vielleicht ist ja genau das beabsichtigt, und das Amt hat Lust auf pflegleichtere, duldsamere, leidensfähigere AnwohnervertreterInnen.

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2 Kommentare

  1. Carl said,

    8. März, 2015 um 18:39

    „Niedergebrüllt wurden mithin die ProtagonistInnen dieser brachialen, Kreuzbergs und der Grünen unwürdigen Repressionspolitik.“

    Würde und Kreuzberger Grüne, das passt doch schon unerträglich lange nicht mehr zusammen.

    Für Dirk Behrendt und Hans Panhoff hätte sich selbst
    die Beton-SPD der 70er geschämt.

    Möge ein kommender Erdrutsch die Grünen und unsere Zumutungen halbieren.

  2. Leonard said,

    15. April, 2015 um 20:00

    Also, über die Grünen sind sich ja nun alle einig, die noch ein wenig Resthirn übrig haben: Kannste vergessen, die Bande.

    Es gab „Bürgerbeteiligung“ in Kreuzberg, wo die Bürger umringt von Zivilpolizisten und mit Wagen von Polizei vor der Tür von Stadtrat Panhoff „eingeladen“ waren über die steigenden Mieten im Kiez zu diskutieren.

    Hallo?

    Wenn die CDU sich das geleistet hätte, würden die Grünen aber sowas von protestieren.

    Und das ist das Problem:

    Sie sind total verlogen.


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