Erste Bewährungsprobe nicht bestanden!

Aufwändig geretteter Baum am Landwehrkanal vom Bezirk gefällt!

Jede Information unterblieb

Es ist nur schwer zu fassen: Kaum berichten einige Zeitungen über den endlichen Erfolg des aufwändigen Mediationsverfahrens „Zukunft Landwehrkanal“ – natürlich immer mit Schwerpunkt auf der Einsparung von Steuermitteln –, da geht das los, was wir schon wiederholt JournalistInnen sagten: mit dem fristgemäßen Einreichen des konsensualen Beschlusses zur Zielvariante der Sanierung gibt’s voraussichtlich 2014 zwar endlich Geld, um mit der Instandsetzung weiterzumachen, aber einen großen Brocken gilt es nach wie vor zu bewältigen: die Umsetzung der beschlossenen Lösungen unter Einhaltung der konsensualen Absprachen.

Gefällter Eschenahorn 126

Gefällter Eschenahorn 126 am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg

Dass dies in der Abschlussvereinbarung des Verfahrens verbindlich geregelt werden muss, oder die ganze Sache droht eben doch noch zu kippen, zeigte sich am Freitag am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg in nichts zu wünschen übrig lassender Deutlichkeit, oder mit Verlaub, eher schon Frechheit.

Baumbesetzung 23.06.07

Baumbesetzung am Tempelhofer Ufer, 23.06.07

Noch Provokation oder schon feindseliger Akt?

Einer der dortigen Uferbäume – keine Linde, wie es mit Blick auf die benachbarten hieß, aber auch kein Götterbaum, wie er in der amtlichen Fällliste steht, sondern ein Eschenahorn –, der 2007 mit physischem Einsatz vorm WSA-Fällkommando gerettet werden konnte, der dann wie auch seine NachbarInnen und noch 17 weitere Bäume fast fünf Jahre lang mit monströsen Betonquadern „landseitig gesichert“ werden musste, bis für die wasserseitige Sicherung der Uferbefestigung gesorgt war und dann während der Einbringung dieser Sicherung, eben der Spundbohlen von Seilkletterern wie Kranführer vor jedwedem Schaden bewahrt werden konnte –, dieser also in mehrlei Sinn wertvolle Baum wurde nun in bezirklichem Auftrag ganz einfach mal – gefällt. Das Schnittgut liegt großenteils noch vor Ort, und wir haben jedenfalls keinerlei Schadsymptome feststellen können.

Politische Bäume

Betongesicherte Bäume am Tempelhofer Ufer

Uns war durchaus aufgefallen, dass auf der mehr oder minder aktuellen Fällliste von Friedrichshain-Kreuzberg auch Uferbäume am Landwehrkanal als fällreif aufgeführt sind. [Die nach Aufforderung kompilierte Fällliste LWK (s. S. 2 u.) datiert allerdings vom März 2012.] Also sprachen wir den nach der Ämterstruktur-„Reform“ dafür zuständigen Baustadtrat Panhoff, der ja erst seit der neuen Legislaturperiode seinen Bezirk im Mediationsforum vertritt, darauf an und berichteten ihm von einem der ersten Beschlüsse dieses hochkomplexen Verfahrens, vorbereitet durch seinen allerersten Arbeitskreis, jenem zum „Umgang mit kurzfristigen Maßnahmen“. Dass da nämlich einmütig, also auch mit der Stimme der Vertreterinnen Xhains, ein Prozedere beschlossen wurde, was den Umgang mit Gefahr im Verzug betrifft, wenn Bäume involviert sind:

Dann müssen die TeilnehmerInnen ebendieses Arbeitskreises per E-Mail informiert und muss, je nach Zeitpunkt der Versendung, eine maximal 24stündige Vetofrist eingeräumt und im Falle eines einzigen fristgerechten Vetos frühestens zwei Stunden später ein Ortstermin mit baumsachverständiger Unterstützung anberaumt werden.

Nichts von alledem ist im vorliegenden Fall geschehen, obwohl wir die ausdrückliche und feste Zusage von Stadtrat Panhoff (Grüne) haben, dass zumindest keine Fällung ohne vorherige Konsultierung des Forums erfolgt.

Schnittgut mit Nistkasten

Schnittgut mit Nistkasten

Denn den einen gravierenden Mangel hatte dieser überhaupt erst zweite Forumsbeschluss von 2008: Vor allem den BürgervertreterInnen war nicht klar, dass für vier Fünftel des Baumbestands gar nicht das WSA, sondern der jeweilige Anrainerbezirk oder das Land oder sonstige Dritte zuständig sind. Es währte aber nicht lange, bis die BaumschützerInnen dahinterkamen, und nach einigen Diskussionen erklärten sich auch alle fünf Bezirke bereit, auf jeden Fall rechtzeitig über beabsichtigte Fällungen von Uferbäumen Transparenz herzustellen. Aber auch über Kronenschnittmaßnahmen informieren zumindest einige der Bezirke (insbesondere Neukölln) anlässlich der jährlichen Bereisung des Kanals, an der fachkundige Mitarbeiter des WSA-Außenbezirk Neukölln, der Baumsachverständige Dr. Barsig sowie VertreterInnen des Forums und eben der fünf Bezirke teilnehmen, über beabsichtigte Maßnahmen und stimmen sie mit dem WSA und dem Gutachter ab.

Dass es nun stillschweigend zu einer offensichtlich auch noch absolut unnötigen Fällung gekommen ist und noch dazu eines Baums, für den BürgerInnen, das WSA, Wasserbauunternehmen und letztlich natürlich die SteuerzahlerInnen schon derart viel aufgewendet haben, ist eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen und demonstriert auf fatale Weise, was die in einem jahrelangen Verhandlungsprozess erarbeiteten Ergebnisse und Beschlüsse letztlich wert scheinen.

Auch der Bezirk Mitte will eine große Pappel fällen lassen, obwohl sie Dr. Barsig als ökologisch wertvoll, verkehrs- und standsicher begutachtet hat, aber hier wurde wir immerhin vorab informiert und der schwierige Abstimmungsprozess ist noch im Gange. – Wir haben das Schicksal dieser Pappel in bewusster Zuspitzung einen Lackmusstest für die Verbindlichkeit der konsensualen Vereinbarungen genannt, doch nun ist ein solcher Test am Tempelhofer Ufer schon mal gründlich misslungen.

Jene, die von Anfang an und immer wieder die Verbindlichkeit des mühsam Ausgehandelten und damit Sinn und Zweck des gesamten Verfahrens in Zweifel zogen, üben sich schon mal in, wenn auch bitterer, Schadenfreude.

10 Kommentare

  1. erik said,

    18. Februar, 2013 um 16:40

    Schadenfreude ist fehl am Platz.

    Es ist traurig, dass gerade auch die Grünen den BürgerInnen immer wieder vor Augen führen, dass u.a. die Landwehrkanal – BürgerInnenbeteiligung von den Grünen und der ihnen unterstellten Verwaltung in Friedr.-Kreuzberg nicht ernst genommen wird. langjährige Absprachen und Verhandlungen sind nichts wert. Genausowenig nehmen die Grünen den Baumschutz im Bezirk ernst.

    Bis wir die Grünen abwählen können, dauert es leider noch einige Jahre. aber bei der Bundestagswahl 2013 kann man ja schon mal bei einer anderen Partei sein Kreuz machen.

  2. jemandusJens said,

    18. Februar, 2013 um 18:44

    Hat Baustadtrat Panhoff schon mitgeteilt, welcher Mitarbeiter hier offensichtlich außerhalb seiner Kompetenz gehandelt hat?
    Mit welchen Konsequenzen hat denn dieser Mitarbeiter zu rechnen?

    ODER geschieht all dies mit stillschweigender Duldung durch Baustadtrat Panhoff ?

    In jedem Fall eine Anfrage in der BVV wert.

    Hat Baustadtrat Panhoff schon Massnahmen getroffen, die weitere Vorfälle dieser Art ausschließen?

    Die Kreuzberger GRÜNEN haben hier wirklich Klärungsbedarf.

    • BaL said,

      18. Februar, 2013 um 22:55

      Stadtrat Panhoff hat für den 21.2. auf deren Anfrage hin einer Anwohnervertreterin einen Gesprächstermin gewährt. Demgegenüber hätten wir eher und znächst mal eine offizielle Entschuldigung für diesen kapitalen Beweis von Unsensibilität oder vielleicht (bzw. ganz sicher nur) beachtlicher Gedankenlosigkeit erwartet, vielleicht auch den Vorschlag eines Treffens, ja wenigstens einer nachträglichen Information über die Mediatioren, was auch immer… – Fehlanzeige.

      Bekanntlich sind in punkto Baum- und Strauch“pflege“ am LWK schon viele Worte gewechselt und Zusagen gemacht und auch nicht das erste Mal gebrochen worden. – Gerne wiederholen wir noch einmal unser Erlebnis anlässlich der Kanalbefahrung Ende Mai 2012, die wie jedes Jahr zur Abstimmung der Pflegemaßnahmen unternommen wird, als die (neue) Vertreterin des Xhainer BA, die bis dahin über konkret Beabsichtigtes nicht ein einziges Wort verloren hatte, sich nach Rückkehr zur Oberschleuse mit den Worten verabschiedete: „Es ist Ihnen doch klar, dass wir die ausgesetzten Fällungen und Baumarbeiten ab 1. Juni wieder aufnehmen?“

      Wie auch immer, sobald es unsere Zeit zulässt, folgt noch ein bebilderter Bericht zum brutalstmöglichen Rückschnitt immerhin nur bestimmter Abschnitte, nicht nur am Landwehrkanal, sondern bspw. auch im Görli, wo im gleichnamigen Forum mit Fachbereichsleiter Natur und Grünpflege, Hilmar Schädel, die Absprache getroffen worden war, dass die Schnittmaßnahmen auf dem sog. Rodelhügel im Vorfeld mit sachkundiger Unterstützung besprochen und geplant werden. Auch sollte ein neuerlichers waagrecht-brusthohes Kappen der mitunter armdicken Äste der Heckeneinfassung nahe des Eingangs Oppelner Straße unterbleiben, das wohl wieder aufs polizeiliche Ersuchen zurückgeht, die dortige Dealer- und ihre Kundschaft bei ihrem schändlichen Treiben besser überwachen zu können.

      Auch dieses ehrenamtliche Bemühen war für die Katz.

      Selbstvertändlich werden wir über die Fraktionen Anfragen stellen lassen. Möge es nützen.

      • Paddelparade said,

        20. Februar, 2013 um 16:07

        Was nutzt denn bitte ein weiteres Gespräch mit Stadtrat Panhoff?

        Der sitzt doch höchstselbst seit langem mit im Mediationsverfahren und da gibt es doch offenbar ständig Gespräche darüber wie mit den Landwehrkanalbäumen zu verfahren ist.

        Herr Panhoff hält sich entweder bewusst nicht an die Absprachen, die im Mediationsverfahren getroffen wurden oder er hat seine Verwaltung nicht im Griff.

        Und was bitte würde eine Entschuldigung von ihm nutzen? Das ist doch nicht das erste Mal, das unter den Grünen so ein Scheiß gebaut wird. Ob Stadträtin Kalepky oder Panhoff – die Grünen machen keine Umwelt- und Baumschutzpolitik in Friedrichshain-Kreuzberg!

        Sie reden zwar auch immer davon wie toll sie angeblich Bürgerbeteiligung finden, aber sie halten sich dann oft nicht an Absprachen, die sie mit den Bürgerinnen und Bürgern getroffen haben.

        BVV-Anfragen werden auch nichts nutzen.

        Herr Panhoff muss sein Amt aufgeben.

        Es müssen solange die Umweltstadtrats – Leute wechseln, bis endlich eine Umwelt- und Baumschutzpolitik im Bezirk gemacht wird. Dafür wurden nämlich die Grünen eigentlich als stärkste Partei gewählt, aber sie halten eben nicht, was sie versprochen haben. Das ist doch seit langem bekannt.

  3. sabine said,

    18. Februar, 2013 um 19:10

    Wie soll denn das weiter gehen?

    Wir Anwohnerinnen und Anwohner müssen bis 2024 (angebliches Kanal-sanierungsende) die 4700 Bäume bewachen, damit sie nicht vom Wasserschifffahrtsamt oder den Grünen und ihrer Verwaltung gefällt werden?

    Das ist doch nicht machbar.

    Was sollte denn das ganze Mediationsverfahren?

    Das Ding ist doch gescheitert, in der Praxis.

    Wieso verhalten sich die Grünen so und lassen hintenrum den o.g. Baum fällen (ist ja nicht das erste Mal), wenn sie gleichzeitig in der Presse das Mediationsverfahren als vorbildlich loben (Bezirksbürgermeister Schulz, Landesvorsitzender Wesener)?

    Wollen die uns verarschen?

  4. H.P. said,

    18. Februar, 2013 um 19:58

    Stadtrat Panhoff muss zurücktreten!

    Wie seine Vorgängerin Kalepky (ebenfalls Stadträtin für die Grünen).

    Er macht das Mediationsverfahren noch mehr zur Farce, als das WSA.

    Die Grünen machen sich lächerlich: Sie sind gegen unnötige Baumfällungen durch das WSA und machen einen auf Umweltpartei. – Und fällen dann selber unnötig und hinterhältig!

  5. Hannah said,

    18. Februar, 2013 um 23:39

    @ BaL

    die SPD, die CDU, die Linke und die Piraten stellen Herrn Panhoff hoffentlich konsequent zur Rede.

    Es ist ein totaler Vertrauensbruch (und nicht der erste!), dass jetzt die Kreuzhainer Verwaltung, die den Grünen/Herrn Panhoff untersteht, einen Baum fällt, den wir BürgerInnen 2007 vor der Fällung durch das Wasserschifffahrtsamt gerettet haben.

    Damit ist das Mediationsverfahren doch gescheitert. Am einzigen Politiker, der am Landwehrkanal-Mediationsverfahren persönlich teilnimmt. Absurd.

    • Hase said,

      18. Februar, 2013 um 23:45

      Die Bürgerinitiative hatte doch auch schon mal Anzeige gegen die „grüne“ Bezirksverwaltung erstattet, weil sie in der Brut- und Vegetationsperiode mal wieder Bäume gefällt und beschnitten hatte, oder? (Ist verboten wegen Artenschutz!)

  6. jürgen julius irmer said,

    19. Februar, 2013 um 0:02

    …da das gewohnheitsmäßige „grüne“ politik und bezirks“grün“pflege ist, war auch nichts anderes zu erwarten…

  7. Anwohner said,

    20. Februar, 2013 um 14:27

    Die Linksfraktion fragt, ob jemand von der BI eine EinwohnerInnenanfrage zu Panhoffs Fällung stellen wird.


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