Senatorin versiegelt mit Granit

Eröffnung des Landschaftsbaus auf dem östlichen Gleisdreieck-Gelände

Die Serie mehr oder minder feierlicher Eröffnungen auf dem Gelände einer einst einzigartigen, inzwischen weitestgehend „beräumten“ innerstädtischen Brachlandschaft wurde heute (17.9.) mit jener der „Landschaftsbauarbeiten“ fortgesetzt.

Senatorin J-R verlegt Gehwegplatte

Senatorin Junge-Reyer verlegt Gehwegplatte

Bei bestem frühherbstlichem Kaiserwetter rezitierte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor einer Runde aus Verwaltungsmenschen, Planer-, Presse- und BürgervertreterInnen ihren Text von der sehr wichtigen, entsprechend ernst genommenen und deshalb rundum gelungenen Bürgerbeteiligung an der Park-Planung, dankte allen Mitwirkenden für hervorragenden Einsatz, klopfte anschließend − am Rand der so genannten Möckernpromenade vor der hässlichen neuen Mauer kniend − dreimal beschwörend mit einem Gummihammer auf eine mächtige Charlottenburger Gehwegplatte aus Granit, die ein Bagger herab ins vorbereitete Bett senkte, wünschte all den künftigen großen und kleinen Parkbenutzern Glück und langes Leben und scherte sich herzlich wenig um die fatale, doch ungewollt treffende Symbolik: stach eben nicht − wie der Tagesspiegel voreilig geschrieben hatte − ein bisschen mit dem Spaten, pflanzte auch kein weiteres Bäumchen, sondern eröffnete ausgerechnet mit einer Granit-Versiegelung, die mit ihrer Gravur fatal an eine Grabplatte gemahnt, den sog. Landschaftsbau ebendort, wo noch vor kurzem ökologisch hochwertige, ästhetisch einmalige Stadtlandschaft war − ein filigranes Ineinander von Ruderalvegetation und historisch-technischen Rudimenten −, die jedoch mit an sich für ökologischen Ausgleich und Ersatz bestimmten Geldern, mit Kettensägen und Planierraupen und unter Nichtachtung des jahrelang wieder und wieder erklärten Willens von Bürger-, Anwohner- und NaturschützerInnen brachial zurück auf Null gefahren worden ist.

Die Collage als Paradigma!

Vegetationsinsel

Vegetationsinsel (rechts)

Denn das haben die Atelier-Loidl-PlanerInnen leider nicht verstanden, haben die LandschaftsbauerInnen von Grün Berlin noch immer nicht gelernt: dass es, wenn’s um Stadtnatur und historische Spur geht, in einer Zeit allfälligen Verlierens und Verschwindens aufs Retten, Schützen, Bewahren und Integrieren des Vorhandenen ankommt; dass die Collage Paradigma sein und das eigendynamisch Gewachsene den Ausgang bilden muss − und eben nicht die weiße Fläche des Reißbretts oder die Leere der „Datei Neu“.

Die Sicht der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck

Den angeblich so erfolgreich eingebundenen BürgervertreterInnen wurde leider nicht das Wort erteilt, damit sie etwa für das SenatorInnen-Lob hätten danken oder auch ihre Einschätzung des Planungs- und bisherigen Umsetzungsprozesses der interessierten Öffentlichkeit hätten mitteilen können, weswegen sie den MedienvertreterInnen diese Pressemitteilung zukommen ließen.

[Siehe auch das Mopo-Video und den Artikel.]

Senatsfest am Samstag, 19. September, ab 11 Uhr

Am Wochenende (19.09.) veranstaltet der Senat auf dem Gelände aus nämlichem Anlass wieder eins seiner Bürgerfeste. Auch die AG Gleisdreieck e.V., auf den letzten Drücker noch eingeladen, wird mit einem Stand vertreten sein und sehr gerne ihre doch einigermaßen abweichende Einschätzung der Parkgestaltung auf dem Gleisdreieck und der Beteiligung bzw. Ausmanövrierung engagementbereiter BürgerInnen erläutern.

18 Kommentare

  1. hugoz said,

    18. September, 2009 um 9:58

    animiert durch einen artikel im heutigen tagesspiegel musste ich doch mal hier vorbeischauen und wurde nicht enttäuscht. fix und gut schreiben sie über den gestrigen termin der senatorin und ihrer fans. die ag zum gleisdreieck veröffentlicht nur einige fotos und der text ihrer pressemitteilung lädt nur dazu ein, sich mit der ganzen, langjährigen geschichte auseinanderzusetzen. das wird aber bestimmt sehr anstrengend und ist nicht attraktiv. so bedauerlich und ärgerlich es ist: die senatsverwaltung hat es geschafft, das gleisdreieck soweit zu verschandeln, dass mit irgendwelchen positiven änderungen nicht mehr zu rechnen ist. als ich vor einigen wochen mal in der nähe war und zufällig einen guten parkplatz fand, habe ich mir das gelände mal mit etwas ruhe angesehen. ich war so platt wie die fläche auf ihren fotos. verstehe aber die anwohner nicht. wenn denen das nicht gefällt, was dort passiert, dann hätten sie dagegen einfach aktiver werden müssen. nun werde ich erst wieder im nächsten sommer oder herbst vorbeischauen. vorher lohnt es sich nicht. erst dann wird das gleisdreieck eine optische freude für diejenigen sein, die mit ordnung besonders viel anfangen können. danke. hugo – danke auf jeden fall aber ihnen für ihre vielen informationen, die sie sicherlich dadurch gewinnen, dass sie viele termine wahrnehmen. beruflich habe ich auch viele, könnte mir aber nicht noch privat welche aufladen. daher gilt ihnen mein respekt und nochmals dank.

  2. 18. September, 2009 um 14:31

    Hallo liebe Naturfreunde,

    sehr gut geschriebener Artikel!

    Was mich an den Verlautbarungen der AG Gleisdreieck wie z. B. der hier verlinkten Pressemitteilung immer wieder stört, ist das Gerede von der „nachhaltigen Bewirtschaftung“.

    „Aus unserer Sicht sind Projekte, in denen Bürger selbst Verantwortung übernehmen können, essentiell wichtig für einen modernen Park. Nur mit solchen Projekten kann ein Park heute nachhaltig bewirtschaftet werden.“ – das ist m. E. „Planer-Speak“. Ich will keinen „bewirtschafteten“ Park, und auch keinen „modernen“. Deshalb kann ich mich mit den Zielen der AG Gleisdreieck nicht identifizieren.

  3. 9. Oktober, 2009 um 13:14

    Warum stört dich der Hinweis auf die Nachhaltigkeit? Es ist eine Tatsache, dass die Grünflächenämter immer weniger Leute und Mittel haben, um die Parks in Ordnung zuhalten. Dies wird sich in absehbarer Zeit nicht ändern.
    Die Idee der Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck und der Parkgenossenschaft hierauf war, die Bürger nicht nur in der Planung des Parks, sondern auch im Alltag des Parks zu beteiligen. Als selbständige Akteure sollten sie dort Projekte wie die interkulturellen Gärten, den Spielplatz Bewegungsbaustelle, die Bildhauerwerkstatt u. a. durchführen können. Durch diese Projekte würde die Identifikation der Menschen mit dem Park gestärkt, alle Besucher würden von der Vielfalt der Projekte profitieren. Problemen wie Vandalismus, Müll abladen würde vorgebeugt. Soweit die Idee der Parkgenossenschaft, die in der informellen Phase des Parks auf dem Anhalter Güterbahnhof zwischen 2004 und 2007 eigentlich schon ganz gut funktioniert hat. Und leicht hätte weiterentwickelt werden können. Es gab zahlreiche Gruppen, die mit ihren Ideen nicht mehr zum Zuge gekommen sind.
    Grün Berlin und die Senatsverwaltung haben die soziale Funktionen der von Bürgern initiierten Projekte im Park nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Als „Privilegierte Nutzungen“ wurden sie diffamiert. Die, die schon da waren, wurden an andere, zum Teil ungeeignete Stellen verlegt. Auf Kosten der Natur (Beispiel interkultureller Garten, für den 28 Bäume gefällt wurden) und auf Kosten von historischen Spuren (Beispiel Naturerfahrungsraum, für den einer der wenigen Stellen mit historischen Pflaster, alten Schienen und wilder Vegetation, die wir haben retten können, einfach mit Sand zugeschüttet wurde). Und der für das Entstehen neuer Initiativen notwendige Raum ist einfach weggeplant worden.
    Habe vor ein paar Tagen im Rahmen der Stadtumbau-West-Woche den Spektepark in Spandau besichtigt. Dort wurde von den Landschaftsarchitekten und der Verwaltung betont, dass neue Angebote im Park nur Sinn machen, wenn Leute vor Ort, also Anwohner oder Vereine Verantwortung übernehmen, z. B. für einen Kletterfelsen oder einen Hundeauslaufplatz.
    Warum haben Senatserwaltung und Grün Berlin am Gleisdreieck genau das Gegenteil gemacht? Obwohl hier schon diverse Gruppen bereitstanden, Verantwortung zu übernehmen? Obwohl es eine Parkgenossenschaft in Gündung gab, die sich als Träger angeboten hat? Die von Bürgern initiierten Projekte wurden offensichtlich als Konkurrenz, als Eingriff in ihre Planungshoheit empfunden. Für diesen Fachidioten-Egoismus wurde die Chance zu einer nachhaltigen Entwicklung des Parks geopfert.

    • 9. Oktober, 2009 um 22:26

      Nur ganz kurz:

      1.
      Mich stört nicht der Hinweis auf Nachhaltigkeit, sondern der Hinweis auf „Bewirtschaftung“. Für mich wäre das Ziel gewesen, das Gleisdreieck als Natur zu erhalten, und Natur sollte nicht überall ausgebeutet und zum Wirtschaftsfaktor degradiert werden. Sie braucht auch nicht „in Ordnung“ gehalten zu werden, denn sie ist selbst Ordnung.

      2.
      Die gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung der Verwaltung, für Grünpflege (und vieles andere mehr) fehlten die Mittel, sollte man nicht unkritisch übernehmen, sondern sich fragen, ob das tatsächlich so ist, und wenn ja, warum. Ich bin sicher, wenn man nach dem Geld sucht, das früher für Grünpflege zur Verfügung stand und heute nicht mehr, wird man fündig werden, und zwar vermutlich in Taschen, in denen man die Mittel lieber nicht sähe.

      3.
      Wenn Grün Berlin und die Senatsverwaltung die Projekte einzelner Gruppen als „privilegierte Nutzungen“ bezeichnen, dann bin ich in dem Punkt voll auf deren Seite. Für öffentliche Flächen ist die öffentliche Hand verantwortlich, und das sollte auch so bleiben. Dafür zahlen wir Steuern. Die Alternative wäre, daß der, der sich eine Fläche zuerst krallt, sie behalten darf und mit ihr machen kann, was er will. Was macht dann die alleinerziehende Mutter, die den ganzen Tag beim Aldi an der Kasse sitzt und weder Zeit noch Energie hat, sich ein Stück Gleisdreieck zu krallen und es zu „bewirtschaften“? Die geht dann leer aus, oder wie?

      4.
      Eine ähnliche Situation – nämlich die Aneignung öffentlichen Raums durch Einzelne – haben wir im übrigen schon, wenn Anwohner z. B. kleine Bretterzäunchen um die Baumscheiben der Straßenbäume bauen. Wenn Du das Ergebnis schön findest…

      • 14. Oktober, 2009 um 9:57

        Dass Alexa so auf die Vernunft des Staates setzt, verwundert mich doch etwas. Was passiert denn, wenn öffentliche Verwaltungen wieder mit ordentlich Geld ausgestattet werden? Sie machen vor lauter Vernunft große Dummheiten. Wie die Grün Berlin (zwar GmbH, aber landeseigen), die auf dem Gleisdreieck immerhin 13. mio Euro verbauen darf. Der pflegeleichte Park ist das Planungsziel, damit später mal das Grünflächenamt nicht zuviel Arbeit damit hat. Ein Beispiel ist die sogenannte „Möckernpromenade“, also der Rand des Anhalter Güterbahnhofs zur Möckernstrasse. Dort wurde ausser den ganz großen Bäumen alles entfernt: Sträucher, Büsche, klein Bäume, die ganze Krautschicht, das historische Pflaster, die Schienen, überhaupt der Boden. Aufgefüllt wird mit einem neuen Boden, der mit einem „Stabilizer auf Algenbasis“ versehen ist. Damit soll der Boden zwar wasserdurchlässig sein, aber das Wachstum von unerwünschten Pflanzen soll verhindert werden. Ergebnis: eine übersichtliche Oberfläche, geeignet für Kehrmaschinen.
        Argumentiert wird von Grün Berlin und Senatsverwaltung immer mit der schweigenden Mehrheit, deren Interessen sie bei der Parkgestaltung vertreten würden. Also die virtuelle Gesamtverkäuferin von Aldi. Auch da liegen Alexa und die Verwaltung nicht weit auseinander. Unterstellt wird in dieser Argumentation, dass wir in einer homogenen Gesellschaft leben würden, in der alle die gleichen Ansprüche an einen Park stellen würden, nämlich einfach das Handtuch auf die große Wiese legen und nichts weiter. Stellvertretend für diese schweigende Mehrheit gestalten sie den Park. Die Idee ist bekannt. Es ist die Idee, mit der in den 60er und 70er Jahren die Sanierung der gründerzeitlichen Stadtviertel betrieben wurde. Gleiche, gute Bedingungen für alle sollten geschaffen werden. Nischen, Abweichendes, Besonderes, alles wurde eingeebnet. Im Rückblick nennen wir das heute Kahlschlagsanierung. Es bedurfte der Mieterbewegung und der Haubesetzerbewegung, um die öffentlichen Verwaltungen zur Umkehr zu bewegen und die behutsame Stadterneuerung durchzusetzen.
        Kahlschlagsanierung ist auch das richtige Bezeichnung für die Parkgestaltung, die von Grün Berlin und den Landschaftplanern von Atelier Loidl auf dem Gleisdreieck durchgesetzt wird.

  4. 14. Oktober, 2009 um 19:00

    Lieber Matthias,

    irgendwie habe ich das Gefühl, daß Du meine Ansichten völlig verdreht wiedergibst.

    Erstens setze ich überhaupt nicht auf die „Vernunft des Staates“. Ich bin nur nicht bereit, ihn einfach aus seiner Verantwortung zu entlassen. Wenn die öffentliche Hand sich nur dämlich genug anzustellen braucht, um von Dir aus ihrer Verantwortung entlassen zu werden, dann kapitulierst Du vor dem Staat. Und wenn Du die Aufgaben der öffentlichen Hand daraufhin einfach selbst übernimmst, maßt Du Dir etwas an, was Dir nicht zusteht.

    Was Du zu den Vorgängen auf dem Gleisdreieck und zur Stadtentwicklung der 60er und 70er Jahre schreibst, war mir zum großen Teil bekannt. Die Relevanz dieser Ausführungen bezüglich unserer kleinen Meinungsverschiedenheit erschließt sich mir nicht ganz. Der Versuch, in diesem Kontext eine Nähe meiner Vorstellungen zu denen der Verwaltung zu suggerieren, ist jedenfalls völlig absurd. Ich glaube mitnichten, daß wir in einer „homogenen Gesellschaft leben“. Was die „schweigende Mehrheit“ denkt, weiß ich nicht, und ich bezweifle auch, daß Grün Berlin oder die Verwaltung es weiß.

    Du tust in Deinem ganzen Beitrag so, als gebe es nur zwei Möglichkeiten: entweder die große Rasenfläche nach Loidl / Grün Berlin oder den Park, der von Anwohner- und Interessengruppen „bewirtschaftet“ wird. Daß es auch noch eine dritte Möglichkeit gibt (bzw. gegeben hätte), nämlich genau die, die ich gerne verwirklicht gesehen hätte, unterschlägst Du einfach: den Erhalt der Fläche durch die öffentliche Hand als weder von ihr selbst noch von Interessengruppen „bewirtschaftete“ Natur.

    • 23. November, 2009 um 17:38

      Lieber Alexa,
      bitte lies mal das Konzept Parkgenossenschaft Gleisdreieck. Ich denk, dann klärt sich einiges als Missverständnis auf. Es ist nachzulesen unter http://www.parkgenossenschaft.de/. Du wirst sehen, es ging lediglich um Inseln auf dem Gelände, die vorsichtig in den Bestand eingepasst werden sollten.
      Übrigens, in der Begründung für ihre Ablehnung schrieben Grün Berlin und SenStadt damals, das Konzept berücksichtige zuwenig die ökologischen Belange. Das schrieben dieselben, die später mit ihren Planierraupen alles plattwalzten. Interessant ist auch, wer damals Grün Berlin mit diesem Scheinargument versorgt hat. Es waren unsere eigenen Leute.

      • HolgerS said,

        24. November, 2009 um 9:10

        Lieber Matthias,
        als langjähriges Mitglied der ‚AG Gleisdreieck‘ und der ‚Parkgenossenschaft Gleisdreieck‘ werte ich Deine Schilderung als sehr verkürzt dargestellt.
        Ich möchte es mir, Dir und allen LeserInnen ersparen, näher auf den Sachverhalt einzugehen, da das HIER den Rahmen sprengen würde.
        Es wäre sehr wünschenswert, wenn sich alle mit dem Thema ‚Gleisdreieck‘ befassenden (oder daran interessierten) Personen auf sachlich und fundiert zu führende Diskussionen verständigen könnten.

        Freundliche Grüße
        Holger S.

  5. Oliver Ginsberg said,

    18. Oktober, 2009 um 23:16

    Hallo Alexa,

    einerseits verstehe ich angesichts der zunehmenden Tendenz, dass große Teile der Bevölkerung sich immer mehr in Armut abgleiten sehen ein gewisses Unbehagen an Begrifflichkeiten, die sich allzusehr an (maximaler) wirtschaftlicher Verwertbarkeit zu orientieren scheinen.

    Allerdings scheinst du dich doch allzu sehr an Begrifflichkeiten aufzuhängen. Es grenzt schon etwas an Wahrnehmungsverlust, wenn du die Art von genossenschaftlicher Bewirtschaftung, die angedacht war und von der Matthias schreibt gleichsetzt mit einem „Krallen öffentlicher Räume für private Zwecke“. Vielmehr hätte möglicherweise diese Art der Park-Bewirt-Schaftung einigen Menschen im Kiez eine zusätzliche Einnahmequelle bieten können.

    Bereits die Reinigung einer öffentlichen Parkfläche kostet (siehe Tiergarten) Berlin jährlich Tausende und das Organisieren derselben ist bereits ein wirtschaftlicher Prozess. In diesem Zusammenhang wage ich auch mal den Einwurf, dass es natürlich bequemer ist nach der Verantwortung des Staates zu rufen, als selber Verantwortung für die Sauberhaltung und Pflege öffentlicher Grünflächen zu übernehmen.

    Angesichts der Berliner Haushaltslage und der Tatsache, dass öffentliche Dienstleistungen in der Regel nicht nur teurer, sondern auch schlechter sind als Dienstleistungen, die selbst organisiert werden ist der Verweis auf die Verantwortung des Staates nicht nur bequem, er ist auch fantasielos und illusionär.

    Der wildnishafte Charakter des Gleisdreiecks und die Artenvielfalt die dort herrscht ist übrigens nicht der idealisierten Natur an sich zu verdanken, sondern der Tatsache, dass dort über mehr als 100 Jahre ein Wechselspiel zwischen menschlichen Eingriffen und natürlicher Wiederbesiedlung mit oftmals standortfremden Arten stattgefunden hat. Wäre dort nie ein Bahngelände gewesen würden wir dort einen relativ artenarmen Wald mit geringer Aufenthaltsqualität und hohem Mückenbestand vorfinden. Für die meisten Menschen ist Wald aber erst dann reizvoll, wenn zum Ausgleich auch mal sonnige Lichtungen und die ein oder andere Blumenwiese darin vorkommt. Genau solche abwechslungsreiche Situationen bringt aber die Natur selbst gar nicht hervor. Das erfordert – wie uns Generationen von fähigen Landschaftsarchtekten lehrten – auch menschliche Eingriffe – Pflege nämlich – oder, um es mit Matthias Worten zu sagen: Bewirtschaftung!

    Die Forderung, Natur immer und überall sich selbst zu überlassen ist eine ideologische Übertreibung, die der Forderung, sie sich Untertan zu machen in ihrer Einseitigkeit nichts nachsteht. Es geht nicht darum Natur gegen das Wirtschaften auszuspielen, sondern darum, im Einklang mit der Natur zu wirtschaften. Das hätte ein genossenschaftlich organisiertes Wirtschaftsunternehmen vermutlich besser hinbekommen als GRÜN Berlin.

    Allerdings geht es nicht nur um Natur bei diesem Park, es geht auch darum eine Balance zwischen den verschiedenen Nutzungsansprüchen zu finden, die zeitgemäß ist (wenn dir das Wort „modern“ nicht behagt). Zeitgemäß heißt: dass sie ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte in Einklang bringt. und noch mal: warum sollen Menschen, die bei dieser Art von öffentlicher Parkbewirtschaftung einen guten Job machen damit nicht auch Geld verdienen?

    Die Forderung, der Staat möge hier (noch) mehr Verantwortung übernehmen heißt faktisch: Berlin möge noch mehr Geld für eine miserable städtische Bewirtschaftung ausgeben. Konsequent durchdacht heißt es: Noch mehr Schulden, die unsere Kinder und Kindeskinder dann irgendwann einmal erst mal wieder „erwirtschaften“ müssen.

    Also meine Bitte auch an alle übrigen Leser: Vielleicht mal etwas weniger gegen Wortwindmühlen kämpfen und mit etwas Empathie in den Worten der anderen das finden, was verbindet und vor allem weiterbringt.

    • 19. Oktober, 2009 um 22:43

      Hallo Oliver,

      1.
      für die Sauberkeit von Parkanlagen übernehme ich Verantwortung, indem ich die Anlagen nicht verschmutze. Ich übernehme NICHT Verantwortung für sie, indem ich mich gratis als Parkwächter oder Straßenfeger betätige und damit anderen Menschen ihren bezahlten Arbeitsplatz wegnehme.

      2.
      Warum die Berliner Haushaltslage so ist wie sie ist, kannst Du ganz aktuell z. B. hier nachlesen. Dagegen solltest Du Dich wenden, etwa indem Du forderst, daß Steuergelder für die eigentlichen Aufgaben der öffentlichen Hand bereitgestellt werden. Stattdessen förderst Du indirekt die Umleitung der Gelder in Privatschatullen, indem Du die öffentliche Hand bereitwillig aus ihren Pflichten entläßt und so die Plünderung der öffentlichen Kassen möglich machst. Da aber ein naturbelassenes Gleisdreieck gerade die kostengünstigste Lösung gewesen wäre, läuft Deine ganze Kostenargumentation ohnehin ins Leere.

      Daß öffentliche Dienstleistungen zwangsläufig teuer und schlecht sein müssen, ist im übrigen ein neoliberales Märchen, daß durch die Wirklichkeit tagtäglich widerlegt wird. Ich erinnere nur an die Deutsche Bahn, die das Leben ihrer Fahrgäste erst aufs Spiel setzt, seit sie privatwirtschaftlichen Maßgaben folgt. In die Welt gesetzt und verbreitet wurde dieses Märchen von den Kräften, die von einem schwachen und armen Staat profitieren.

      3.
      Was uns „Generationen von fähigen Landschaftsarchitekten“ lehren, entzieht sich meiner Kenntnis, da ich nie einen fähigen Landschaftsarchitekten kennengelernt habe, ja nicht einmal weiß, was das überhaupt sein soll, da Landschaft für mich etwas ist, was ENTSTEHT, und zwar nicht am Reißbrett.

      4.
      „Die Forderung, Natur immer und überall sich selbst zu überlassen ist eine ideologische Übertreibung, die der Forderung, sie sich Untertan zu machen in ihrer Einseitigkeit nichts nachsteht“ – dieser Satz wirkt geradezu grotesk angesichts der Tatsache, daß praktisch nirgends mehr solche Natur existiert. Niemand erhebt die Forderung, Natur „immer und überall“ sich selbst zu überlassen. Hier geht es um die Forderung, sie WENIGSTENS EINMAL sich selbst zu überlassen.

      5.
      Einen Kompromiß zwischen „verschiedenen Nutzungsansprüchen“ (auf welcher Grundlage erhoben?) und dem Anspruch, das Gleisdreieck im Interesse ALLER (also Mensch, Tier UND Pflanze) als vom Menschen unausgebeutete Fläche zu belassen, kann es kaum geben, da eine Zerstückelung und Verkleinerung auch eine eventuell für die Natur verbleibende Restfläche ökologisch weitgehend wertlos machen würde. Und „zeitgemäß“ klingt in meinen Ohren in diesem Zusammenhang auch nicht gehaltvoller und überzeugender als „modern“.

      6.
      Dein abschließendes Plädoyer für „Empathie“ erscheint mir angesichts des polemischen Charakters Deiner eigenen Ausführungen („Wahrnehmungsverlust“, „bequemer … zu rufen, als selber Verantwortung … zu übernehmen“, „fantasielos“ etc.) ziemlich albern.

      • Oliver Ginsberg said,

        21. Oktober, 2009 um 22:34

        Hallo Alexa,

        ich entschuldige mich für meine polemischen Formulierungen, soweit sie an dich persönlich gerichtet waren. Hier noch mal ein Versuch das ein oder andere auf eine weniger gereizte Art richtig zu stellen und die Argumente zu versachlichen.

        1. das Konzept der Parkgenossenschaft beruhte nicht auf kostenloser Parkreinigung durch die Anwohner, sondern darauf eine genossenschaftlich organisierte Parkbewirtschaftung vorzunehmen. Reinigung und Pflege sind ein Bestandteil dieser Bewirtschaftung. Vielleicht besteht das Missverständnis darin, dass der Begriff Bewirtschaftung von dir mit einer Art des Wirtschaften gleichgesetzt wird, die lediglich in privater Profitmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit besteht. Es gibt auch andere solidarische Formen des Wirtschaftens. Darauf kam es mir an.

        2. Habe ich gelesen und das bestätigt eigentlich meine Position, denn es illustriert die parteipolitisch dirigierte und von Korruption geprägte Misswirtschaft, wenn Staatsorgane bzw. die entsprechenden politischen Seilschaften, die diese immer weiter aufzublähen suchen in großem Maßstab Wohnraumbewirtschaftung und anderes mehr betreiben. Leider gibt es eine heillose Verwirrung, weil viele Menschen nur die Alternative zwischen viel Staat und wenig Staat in Betracht ziehen anstatt darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten es gibt, allgemeine Bedürfnisse gleichzeitig besser, solidarischer und kostengünstiger zu organisieren. Und es illustriert eben auch, warum die Behauptung, dass der Staat im Allgemeinen (und zwar je zentralistischer er organisiert ist) in der Regel die teuersten und selten die besten Dienstleistungen erbringt eben kein neoliberales Märchen ist. (Das das zwangsläufig der Fall ist habe ich allerdings auch nicht behauptet)

        Ich empfehle dir in derselben Zeitung den Artikel über die diesjährige Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom, die hervorragende Forschungsarbeit zur Frage geleistet hat, wie kollektive Bewirtschaftung von Allmendegütern funktionieren kann
        Die reine Privatisierung öffentlicher Betriebe ist allerdings keine Lösung, die ich unterstützen würde – noch viel weniger die von Monopolbetrieben, wie der Bahn. Vielleicht können wir hier schon mal eine Gemeinsamkeit festhalten?

        3. Der allseits beliebte Tiergarten ist ein Beispiel von Landschaftsplanung, selbst jeder Garten ist ein Stück Landschaftsplanung im Miniformat. Da gibt es viel gute Beispiele, wie mit der Natur und nicht gegen sie gewirtschaftet werden kann. Das sprengt aber den Rahmen. Festzuhalten bleibt, dass bestimmte Formen von Naturidealisierung selbst ein Spiegelbild von Naturentfremdung darstellen.

        4. Es gibt gute Gründe dafür, weder alles sich selbst zu überlassen, noch den massiven Kahlschlag zu praktizieren, den wir alle in diesem Jahr auf dem Gleisdreieck erleben mussten.

        5. Mit Sicherheit gibt es die Möglichkeit einen Ausgleich zwischen verschiedenen Ansprüchen zu schaffen, der sowohl verschiedenen sozialen, gärtnerischen, kulturellen und sportlichen Bedürfnissen als auch ökologischen Aspekten wie der Artenvielfalt besser gerecht wird als die frühere und auch die jetzige Situation bzw. die Planung des Büros Loidl. Noch mal: Die (stadt)ökologische Forschung belegt, dass Biodiversität (Artenvielfalt) weder in der sich selbst überlassenen Natur, noch im völlig überplanten Siedlungsbereich, sondern am ehesten in Landschaftsformen, die von einem sehr komplexen Wechselspiel zwischen natürlicher Entwicklung und kulturellen Einflüssen geprägt sind.

        6. Empathisch sein heißt nicht kritiklos sein, sondern den Versuch zu unternehmen sich in die Argumentation einer anderen Person hineinzudenken. Darum bin ich ernsthaft bemüht und das ist alles andere als albern.

    • HolgerS said,

      19. Oktober, 2009 um 23:45

      Ich gehe davon aus, dass mittlerweile alle in Berlin lebenden Menschen mitbekommen haben, dass die Stadt pleite ist.
      Also: Nix neues.
      Dass das Land/der Bezirk sich doch bitte angesichts dieses Desasters auf seine ureigensten Aufgaben (die denn welche wären?) zurückziehen und den Weg für die ein oder andere Unternehmung freimachen möge, auch. Von wem zu hören?
      Also: Nix neues.
      Eine Nähe zu einer bestimmten Partei möchte ich dem Kommentator allerdings nicht unterstellen.
      Wenn sich der Kommentator in der Vergangenheit etwas mehr mit dem Gleisdreieck auseinandergesetzt und in die Diskussionen darüber eingebracht hätte, wäre mir sein Kommentar verständlicher.
      Andere Leute nun dafür zu kritisieren, dass sie anderer Meinung sind, finde ich nicht überzeugend.
      Zudem: Es gab konkrete Vorschläge und Projekte.
      Warum wurden sie nicht umgesetzt?
      Dass „bürgerschaftliches Engagement“ von zu vielen PolitikerInnen zwar gern eingefordert, dann aber doch bitte nach ihren Regeln – resp. den ihrer Verwaltungen (nicht allen MitarbeiterInnen !) – zu funktionieren hat, sollte auch für ihn nicht neu sein.
      Allzuoft ist die sog. Bürgerbeteiligung eine Farce.
      So der Kommentator erneut die Zeilenschleuder anwerfen möchte, sollte er sich überlegen, wen er warum und womit meint.
      Manchmal ist auch ein Wechsel der Perspektive hilfreich.

      • Oliver Ginsberg said,

        21. Oktober, 2009 um 22:55

        Hallo Holger,

        manchmal kommt es nicht darauf an, welche Dinge man wahrnimmt, sondern welche Schlüsse man daraus zieht oder vielleicht auch welche Kurzschlüsse.

        Was die Auseinandersetzung mit dem Gleisdreieck anbelangt: Ich verfolge das ungefähr seit 25 Jahren (damals noch als Student der Landschaftsplanung an der TU Berlin) und mit großer Sympathie für diejenigen, die wie Norbert, Matthias und viele andere sich seit vielen Jahren für eine vernünftige Entwicklung des Geländes zu einer öffentlich nutzbaren gleichwohl naturnahen Freifläche eingesetzt haben. Ich habe mich, soweit mir zeitlich möglich im Laufe der Jahre auch in die öffentliche Diskussion eingebracht, gebe allerdings zu, dass ich zwischenzeitlich auch ein paar Jahre mit dem Aufbau eines Kinderbauernhofs, eines Interkulturellen Gartens und in den letzten beiden Jahren mit der Frage der nachhaltigen Sanierung des Landwehrkanals beschäftigt war

        Inwiefern meine Auseinandersetzung etwas mit deinem Verständnis zu tun hat kann ich nicht beurteilen.

        Ich kritisiere andere Leute nicht dafür, dass sie eine andere Meinung haben, aber ich habe eben auch meine Meinung und wenn es nicht die deine ist, kannst du dich dazu äußern oder es lassen, wie du magst.

        Dass bürgerschaftliche Engagement in dieser Stadt bemerkenswert oft mit Füßen getreten wird und Bürgerbeteiligung lediglich als Alibi praktiziert habe ich schon an verschiedenen Stellen und zu verschiedenen Zeiten erlebt. Vielleicht haben wir an diesem Punkt eine Gemeinsamkeit, wer weiß?

        Was den Perspektivwechsel anbelangt, den du hilfreich findest: Das sehe ich genauso.

  6. HolgerS said,

    22. Oktober, 2009 um 8:07

    Hallo Herr Ginsberg,
    Danke dafür, dass Sie die Gelegenheit nutzten, ihre bisherigen Leistungen aufzuzählen, die ich mit meinen Zeilen aber nicht in Frage stellen wollte.
    Sollte sich ein anderer Eindruck eingestellt haben, so bitte ich Sie um Entschuldigung und die Leser und Leserinnen um Nachsicht.
    Ich danke Ihnen auch für den Hinweis, dass ich mich dafür oder dagegen entscheiden konnte bzw. kann, Ihre Zeilen zu kommentieren.
    Das hatte ich – in aller Kürze – gemacht. So werde ich es auch in Zukunft handhaben.
    Gleich Ihnen bin ich der Meinung, dass sich die von Ihnen genannten Personen und einige weitere sehr für das „Gleisdreieck“ einsetz(t)en.
    Und wenn man dann auch noch Ihre Zeilen zum Thema „Bürgerbeteiligung“ hinzunimmt, dann lassen sich schon 2 Übereinstimmungen feststellen.
    Nicht schlecht angesichts einiger anderer Erfahrungen [ 😉 ].

    Freundliche Grüße
    HolgerS

    P.S.: Über die Ergebnisse der sog. Bürgerbeteiligung am Gleisdreieck, welche es überhaupt sind und wie diese erreicht wurden, müsste aber noch einmal ausführlich diskutiert werden. Es gab viele Leute, die sich (relativ) lange mit dem Gleisdreieck auseinandersetzten, es dann aber vorzogen, ihr bürgerschaftliches Engagement auf andere Projekte zu konzentrieren oder zu privatisieren.

  7. Oliver Ginsberg said,

    22. Oktober, 2009 um 21:28

    Hallo Holger,

    ich bitte um Verständnis, dass ich die höfisch-höflich-distanzierte Anrede nicht übernehme. Immerhin sind wir uns schon ein paar mal persönlich begegnet und ich kann mich nicht erinnern dass dabei irgendjemand besonderen Wert auf förmliche Umgangsformen gelegt hätte.

    Bürgerbeteiligung krankt möglicherweise schon an der Begrifflichkeit. Wir leben ja – Gaia sei Dank – nun nicht mehr in Burgen. Selbst die Sympathien für gewisse Schlossattrappen halten sich in Berlin jenseits der Stadtvermarktungsstrategen glücklicherweise in Grenzen. Jedenfalls scheinen mir doch Restbestände selbstbewussten zivilen Gedankenguts und Auftretens in der Stadt vorhanden, an die sich anknüpfen lässt.

    Es ist sicher legitim, darüber nachzudenken, wer sich aus welchen Gründen aus gewissen Zusammenhängen entfernt hat, genauso wie es legitim ist darüber nachzudenken, warum so wenig Leute zur Wahl gegangen sind und uns nun eine zukunftsuntüchtige Regierung beschert haben. Ist es aber nicht hilfreicher darüber nachzudenken, wie das Kind wieder aus dem Brunnen gezogen werden kann? Es scheint ja noch zu leben!

    Einstweilen herzliche Grüße vom Kanal

    Oliver

  8. Paula Panter said,

    28. Oktober, 2009 um 20:39

    Wir müssen die Aussagen und die Taten unserer PolitikerInnen stets hinterfragen

    Alexa Kaufhof hat recht. Die Steuermittel müssen in ausreichendem Maß für sinnvolle öffentliche Aufgaben verwendet werden. In Zeiten der Klimakatastrophe, in der u.a. die Städte mit immer heftigeren Hitzeperioden und Starkregenfällen fertig werden müssen, muß das Land Berlin ausreichend in den Erhalt und die sachgerechte Pflege der Grünanlagen investieren. Außerdem muß genug Geld für eine zukunftsorientierte Sozialpolitik wie z.B. für die wichtige Arbeit mit Jugendlichen, für die Finanzierung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und für die Bildung zur Verfügung gestellt werden. Wenn die BürgerInnen Steuern bezahlen, dann aber zusätzlich selbst, ohne angemessene Bezahlung, die Arbeit der öffentlichen Verwaltung übernehmen, indem sie die Grünanlagen instand halten, machen sie sich zu Deppen. Denn sie lassen sich bereitwillig doppelt ausnehmen. Besonders absurd ist dies vor dem folgenden Hintergrund:

    Berlin ist schon allein deshalb für mindestens die nächsten 30 Jahre massiv verschuldet, weil die Bankgesellschaft Berlin unter der Verantwortung der großen Koalition von CDU (Landowsky) und SPD die Stadt Berlin jahrelang gründlich ausgeplündert hatte. Die SteuerzahlerInnen bezahlen seit Jahren für die aus den Fondsgesellschaften der Bankgesellschaft resultierenden Milliardenverluste. Deshalb fehlt für viele wichtige Aufgaben das Geld, so heißt es gebetsmühlenartig. Aber erstaunlicherweise scheint es gar nicht so schlimm zu sein, – will doch der Senat aktuell Unsummen in Prestigeprojekte wie den Neubau einer Kunsthalle, in den Neubau einer Riesenbibliothek und in die aufwändige Restaurierung des hoffnungslos veralteten ICC´s investieren.

    Es ist alles eine Frage der Prioritäten. Und eine nachhaltige ökologische Stadtentwicklungspolitik scheint – entgegen aller anders lautenden öffentlichen Verlautbarungen – leider nicht zu den Prioritäten des amtierenden Senats zu gehören. Das sieht man z.B. an der bisher nicht vorhandenen Initiative des Senats in Sachen „Modellprojekt ökologische Sanierung Landwehrkanal“ vorhandene öffentliche Gelder zu beantragen. (Dieses seit langem von der Bürgerinitiative „Bäume am Landwehrkanal“ geforderte innovative, nachhaltige Modellprojekt umfasst unter anderem den Erhalt der Bäume am Landwehrkanal, für den sich per Unterschriftensammlung 26.000 Menschen ausgesprochen haben.) Das sieht man an der verfehlten Gleisdreieckpark-Politik, bei der wichtige Stadtnatur unnötig vernichtet wurde, die den BürgerInnen sehr am Herzen lag und für deren Erhalt sie sich z.T. sieben Jahre lang engagiert hatten. Das sieht man an den immer weniger werdenden Bäumen in der Stadt und vor allem sieht man es an der geplanten teuren Autobahn, für deren Bau Berlin unglaublicherweise Millionen über Millionen Euro übrig hat.

    Die Prioritäten und die Taten unserer PolitikerInnen müssen wir stets hinterfragen. Denn eins steht fest: Die Dummen sind sonst am Ende immer wir Bürgerinnen und Bürger.

    Ich empfehle übrigens das Buch „Eine ehrenwerte Gesellschaft, Die Bankgesellschaft Berlin“ von Mathew D. Rose, 2003 im Transit Buchverlag erschienen.

  9. Oliver Ginsberg said,

    29. Oktober, 2009 um 23:32

    die präzise Analyse der Vergangenheit ist leider noch kein verlässlicher Kompass für die Zukunft. Etwas zu hinterfragen ist gut, selber Schritte in die richtige Richtung gehen ist noch besser auch wenn die Schritte am Anfang immer etwas unbeholfen sein werden…und machmal – seien wir ehrlich – haben die Narren doch recht, oder die, die man für Narren hält.


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